Akustiker und die Ringschleife

Die Ringschleife ist eine Technologie, mit der du das Audiosignal einer Veranstaltung direkt auf deine Hörgeräte übertragen kannst. Ich hatte bisher immer den Eindruck, dass diese Möglichkeit von Akustikern etwas stiefmütterlich behandelt wird. Neulich las ich einen Forumsbeitrag dazu, welcher sehr klar machte, warum das so ist.

Bevor wir ins Thema einsteigen, ein wenig technisches Grundwissen:

  • Die T-Spule ist eine kleine Antenne, die in Hörgeräte eingebaut werden kann. Das Gegenstück dazu ist die Ringschleife, bzw. Hörschleife oder Induktionsschleife. Diese wird in Veranstaltungsräumlichkeiten verbaut und ist mit der Veranstaltungstechnik verbunden. Wenn du dort eine Veranstaltung besuchst (z.B. einen Vortrag oder ein Theaterstück), dann kannst du dein Hörgerät in ein bestimmtes Programm schalten und bekommst den Ton der Veranstaltung direkt und ohne Störgeräusche auf dein Ohr (siehe auch Verbindungsmöglichkeiten von Hörgeräten). Der Vorteil dieser Technologie ist, dass sie schon sehr alt ist und daher schon sehr lange in Hörgeräten angeboten wird. Sie ist auch unabhängig vom Hersteller der Hörgeräte, das heisst auch Theaterbesucher mit Hörgeräten von verschiedenen Herstellern können das gleiche System nutzen. Der Nachteil ist, dass es in Deutschland nicht viele Räumlichkeiten gibt, in denen Ringschleifen vorhanden sind. (Mehr zu Ringschleifen in Mehr Teilhabe durch Induktionsschleifen).
  • Daneben gibt es Bluetooth, eine weitere Funk-Technologie. Die Antennen hierfür werden immer mehr in modernen Hörgeräten verbaut. So eins kannst du dann mit deinem Mobiltelefon verbinden und z. B. Musik oder deinen Telefongesprächspartner direkt aufs Ohr übertragen. Die Vorteile von Bluetooth sind die Qualität des Signals und dass es immer mehr Unterhaltungselektronik gibt, die diese Technik unterstützt. Die Nachteile sind allerdings, dass Bluetooth und Hörgeräte bei weitem kein einfaches Verhältnis miteinander haben (siehe Was an Bluetooth-Hörgeräten nervt). Auch ist Bluetooth nicht einfach zu bedienen (im Vergleich zur T-Spule). Vor allem aber kannst du bei Bluetooth immer nur einen Sender (z.B. das Telefon) mit einem Empfänger (dein Hörgerät) verbinden. Es eignet sich also nicht für Übertragungen während einer Veranstaltungen mit vielen Teilnehmern wie bei der Induktionsschleife.
  • Um die Nachteile von Bluetooth auszugleichen und eine wirkliche Alternative für Veranstaltungstechnik zu bieten, wurde eine Erweiterung von Bluetooth entwickelt: Bluetooth LE Audio oder auch “Auracast” genannt (mehr dazu in Die Hoffnung am Bluetooth-Himmel). Diese ist allerdings eben erst in der Entwicklung und es gibt momentan noch kaum Geräte die als Sender noch als Empfaenger mit dieser Technologie dienen können. Es wird noch Jahre dauern, bis sich das ändert.
  • Daneben gibt es noch allerlei Alternativen beim Thema Veranstaltungstechnik, aber alle haben so ihre Probleme, wie dass sie entweder nicht so einfach zu bedienen sind, oder nicht herstellerunabhängig sind. 

Wir alle lieben das Internet, um zu kommunizieren. Das tun auch Akustiker gerne. Es gibt für diesen Berufsstand mittlerweile Foren, Chaträume und Facebook-Gruppen, in denen sie glauben, unter sich zu sein. In so einer Gruppe wurde neulich über die Ringschleife diskutiert. Ich fand diese Unterhaltung sehr interessant, denn sie bestätigte manche meiner Annahmen über die Ringschleife.

Aus Rücksicht auf die Beteiligten, habe ich deren Beiträge anonymisiert. Gelegentlich sind Beiträge verkürzt, um irrelevante Details ausblenden. Der Artikel gibt auch nicht die komplette Unterhaltung wieder. Ich habe eine Auswahl getroffen, um die interessantesten Aspekte hervorzuheben.

Los ging es mit diesem Beitrag:

Ein Freund von mir plant gerade eine Ausstellung und will die so inklusiv wie möglich gestalten. Vom Schwerhörigenbund bekam er den heißen Tipp, eine Ringschleife in den Raum zu legen bzw. den Leuten tragbare Ringschleifen zum Umhängen auszuhändigen. Als er mir das erzählte, zeigte ich mich eher kritisch aufgrund der Tatsache, dass ich in den letzten zwanzig Jahren gefühlt dreimal ein T-Spulen-Programm an den HGs meiner Kunden programmiert habe.
Wie ist das bei euch? Vielleicht bin ich ja die einzige, die Ringschleifen stiefmütterlich behandelt?
Wie oft macht ihr das? Ist das überhaupt ein Thema? Ich finde ja, der Bedarf war nie hoch und seit Bluetooth-Konnektivität sogar noch von „wenig“ auf „Null“ gesunken. Wie sind eure Erfahrungen? Freue mich auf Austausch!

Ein Akustiker fragt nach Erfahrungen mit Ringschleifen.
Die Frage, die das Gespräch ins rollen brachte.

Was ich hier interessant fand, war, dass der Fragesteller anscheinend nicht sehr oft mit T-Spulen in Berührung gekommen ist. Bald darauf bestätigt jemand anderes, dass das auch nicht überraschend ist, denn anscheinend kommt das Thema schon in der Ausbildung zum Akustiker zu kurz:

Bin zwar noch keine ausgelernte Akustikerin, aber auch hier aus Lübeck kommt, dass Zubehör, auch ebend die Ringschleife, seeeehr vernachlässigt wird […]

Ein Diskussionsteilnehmer berichtet, dass die Ringschleife in der Ausbildung vernachlässigt wird.

Es gab allerdings auch Akustiker, die durchaus für die Ringschleife/T-Spule sprechen, so z.B. dieser Beitrag: 

Meiner Meinung nach sollte es viel mehr T-Spulen geben. Ist die einfachste Möglichkeit überhaupt, aber an sich wirklich nicht mehr weit verbreitet. Das ist aber eher unserem Land geschuldet, in anderen Ländern ist es ja sogar Pflicht und in jedem öffentlichen Ort hat man die Möglichkeit dies zu nutzen.
Mittlerweile gibt es ja sogar HGs bei denen nicht mal mehr eine TSpule angeboten wird. Schade drum

In einer Antwort auf diesen wiederum lesen sich gewisse technische Wissenslücken heraus:

dachte T Spule ist schon veraltet. Bluetooth ist doch viel einfacher und kostengünstiger

Immerhin war der Verfasser der ursprünglichen Frage schon mit mehr Wissen dabei und hebt genau die oben genannten Nachteile von Bluetooth gegenüber der Ringschleife hervor:

„ja, aber auf eine T-Spule z.B. in Theater oder einer Veranstaltung kann sich halt einfach jeder draufschalten, indem er einfach nur sein HG auf „T“ schaltet.
Bei Bluetooth musst du ja beide Seiten erstmal empfangsbereit machen, damit sie sich koppeln. Mit dem eigenen Kram kein Problem, aber wie soll das gehen im öffentlichen Raum, wenn da z.B. ein Bildschirm an der Wand hängt und der HG-Träger sich da draufschalten will…

Screenshot der Diskussion ueber Bluetooth.

Das technische Wissen unserer Akustiker ist also nicht bei allen angekommen. Für mich bestätigt das meine Erfahrung, dass man als Kunde von Akustikern nicht unbedingt davon ausgehen kann, dass sie einem das, was sie da verkaufen, auch erklären können. (Siehe dazu auch Wie findet man einen guten Akustiker? Teil 5: Technikkompetenz).

Ein paar Beiträge weiter ist ein besonders gehässiger Kollege unterwegs:

Hat er den Tipp mit der Ringschleife vom DSB per Fax bekommen? […]

Der DSB ist der deutsche Schwerhörigenbund. Ein Verband, welcher sich für die Inklusion der Schwerhörigen einsetzt, also auf der Seite der Betroffenen, also potentiellen Kunden, von Akustikern ist. 

Ich denke, dieser Satz war ein Seitenhieb auf das Alter der Ringschleifen-Technologie und damit Kritik daran, wie modern der DSB sein mag. Was ich daran besonders bitter finde, ist, dass es eben keine moderne Alternative zu Ringschleifen gibt (siehe oben). Ich weiss nicht, ob es eine kluge Idee ist, sich über die Vorschläge von Leuten lustig zu machen (hier der DSB und die Ringschleife), wenn man selbst auch nichts Besseres zu bieten hat. Wenn das Alter der Technologie das einzige ist, was du zu kritisieren hast, dann solltest du vielleicht besser die Klappe halten, bis wirklich was nutzbares Modernes um die Ecke kommt.

Die nächste Antwort auf diesen gehässigen Beitrag beschreibt das, was ich auch im Umfeld der Selbsthilfe von Schwerhörigen sehe:

tatsächlich hatte er eine Info-Veranstaltung des Schwerhörigenbundes besucht und dort hatten ALLE Teilnehmer eine Ringschleife um den Hals oder die im Raum verlegte genutzt. Für die war das dort der ganz heiße Scheiß und laut Aussage meines Bekannten „DAS Kommunikationsmittel“.
Als er mir das sagte, dachte ich mal wieder, dass es zwischen Hörakustikern und Schwerhörigenbund definitiv mehr Kommunikation geben müsste. Wenn dort Betroffene sich informieren und dann zu uns kommen (oder andersrum), treffen ja völlig unterschiedliche Wissensstände und Technikschwerpunkte aufeinander. 

Bekräftigt auch vom nächsten Beitrag: 

Absolut! Die leben in einer ganz anderen Welt (nicht böse gemeint)

Screenshot über die unterschiedlichen Welten von Akustikern und Betroffenen.

Interessant, hier haben auch Akustiker verstanden, dass es anscheinend eine gewisse Diskrepanz zwischen ihrer Berufsrealität und dem Umfeld der Betroffenen gibt. Ich weiss nicht, worüber ich mehr erschreckt sein sollte: dass es diese Diskrepanz gibt oder dass die Herren und Damen Akustiker darüber erstaunt sind. 

Ich meine, Schwerhörige sind eure Kunden. Ist es da nicht auch klug, auch außerhalb der Öffnungszeiten mal mit denen in Kontakt zu kommen? Nennt es Marktforschung und von mir aus nutzt es auch zum Werbung machen. Es scheint mir so, dass manche Akustiker ihr Fachgebiet verlassen, sobald sie die Schwelle ihres Geschäftes in den Feierabend übertreten. Anscheinend ist es zu viel verlangt, dass sie auch mal mit ihrer Zielgruppe auf Tuchfühlung gehen und sich z.B. in den Betroffenenverbänden engagieren. Wie wollt ihr wissen, was ihr den Leuten verkaufen könnt, wenn ihr nur in eurer Bubble aus bunten Herstellerprospekten lebt? Oder ist es euch zu unangenehm nach Verkauf eines Hörgerätes zu sehen, dass die meisten Schwerhörigen eben immer noch schwerhörig sind und ihr bei weitem nicht ihre Probleme gelöst habt? Mein Vorschlag wäre, dass jeder Akustiker mindestens einmal im Jahr eine Veranstaltung für Schwerhörige besucht und wirklich mal mit uns redet. 

Immerhin möchte ich auch konstruktive Beiträge in dieser Diskussion nennen. So wurde die Karte des DSB mit verfügbaren Ringschleifen verlinkt (welche aber leider momentan nicht verfügbar ist).

Auch gibt es unter den Gesprächsteilnehmern welche, die schon in die Zukunft blicken und die Vorzüge von Auracast entdeckt haben: 

Grundsätzlich stellt die T-Spulentechnologie eine hervorragende, analoge Möglichkeit dar, Audio-Signale herstellerübergreifend drahtlos zu verbreiten/empfangen. Problem: wie oben bereits geschrieben: nur wenige (funktionierende) Ringschleifen in Deutschland und die meisten (neueren) Hörsysteme verfügen nicht über eine T-Spule.
Ich persönlich bin sehr gespannt, ob Auracast halten kann, was es verspricht:
https://www.bluetooth.com/de/auracast/
Das wäre dann möglicherweise das digitale Pendant zur T-Spule für alle Bluetooth-fähigen Hörsysteme.

Screenshot des Beitrags ueber Auracast.

Bei der Ringschleife gibt es ja unter anderem das Problem, dass es davon einfach nicht viele in Deutschland gibt. Auch das haben manche Akustiker richtig erkannt:

Ich wollte 2014 für unsere Kunden ein Register anlegen für Gebäude in RLP mit Induktionsschleife. Einfach, um den Kunden diese Option näher zu bringen.
Nach stundenlanger Recherche konnte ich 4 – in Worten: vier – Einträge vorweisen. Tolles Register.
Sicher gab/ gibt es mehr. Man findet sie halt nicht.

Und ihm wird gleich beigepflichtet:

kann ich nur bestätigen! Ich war immer Fan von Ringleitungen, aber die Akzeptanz war gleich null.
Anders im Ausland, da findet man überall das Ringschleifensymbol. (Z. B. Malta, USA, England, Frankreich teilweise)
Wenn man mal bedenkt, mit wie wenig Aufwand sowas realisiert werden kann, und man dann schaut was digital in Deutschland los ist …oh oh oh

Screenshots der Unterhaltung ueber den Mangel an Ringschleifen in Deutschland.

An dieser Stelle stieg mein Blutdruck, weil diese beiden Menschen anscheinend überhaupt nicht in Betracht ziehen, dass ihre Zunft der Akustiker einen wesentlichen Anteil an dieser Situation hat. 

Nach dem Besuch beim HNO-Arzt haben die meisten Schwerhörigen, die Hörgeräte bekommen, halt nur mit euch Akustikern Gelegenheit über Hörgeräte zu reden. Ihr seid also eine wichtige Station, um Wissen über Hörgeräte zu vermitteln. Eure Kunden waren nicht in Lübeck (die Stadt, in der alle Akustiker Deutschlands ausgebildet werden) – woher sollen sie dieses Wissen denn haben, wenn nicht von euch? Wenn ihr euren Kunden nicht die Geschichte von der T-Spule  und der Ringschleife erzählt, dann lernen sie das erst viel später, oft dann, wenn sie schon längst eure Rechnung bezahlt haben. Dann ist es zu spät um doch noch ein Hörgerät mit einer T-Spule zu bekommen (zumindest mindestens für die nächsten 6 Jahre). Und wer keine T-Spule hat, der fragt auch nicht nach Ringschleifen. Und wenn keiner nach Ringschleifen fragt, dann gibt es auch keine Ringschleifen. Und wenn es keine Ringschleifen gibt, dann fragen auch selbst die Kunden, die wissen, was das ist, nicht nach T-Spulen. Meine lieben Herrn und Damen Akustiker, das ist euer Henne-Ei-Problem.

Ich bin seit 2007 Kundin von Akustikern und keiner von euch hat mir proaktiv von dieser Technologie erzählt. Viele Schwerhörige wie ich lernen erst durch die Selbsthilfevereine darüber. Und auch die Selbsthilfevereine muss man erstmal finden. Auch von denen hat mir kein Akustiker erzählt und ich habe sie erst per Zufall gefunden. 

Die Haltung vieler Akustiker “ich verkaufe halt, was leicht zu verkaufen ist und ansonsten halte ich mich raus” ist meiner Meinung nach ein ganz großes Problem. Viele Schwerhörige sind eben nicht gut versorgt, nachdem sie schon Hoergeraete gekauft haben. Viele von ihnen bräuchten weitere Nachsorge und Begleitung in das Leben mit Schwerhörigkeit. Wenn ihr Akustiker schon die lästige Aufgabe der Begleitung von Schwerhörigen nach dem Kauf von Hörgeräten auf gemeinnützige Vereine abladet, dann habt doch wenigstens ein bisschen ein schlechtes Gewissen, dass ihr da nicht engagierter seid. Mich macht es traurig, dass der Ansporn, die Welt auch über den Kaufvertrag hinaus ein bisschen besser und sozialer zu machen, bei einigen Akustikern kein Anliegen ist.

Neben der Aufklärung und Werbung für die Ringschleifentechnologie, könnten sich Akustiker (und insbesondere deren Verbaende) auch politisch für die Ringschleife engagieren. In anderen Ländern gibt es mehr Ringschleifen, unter anderem weil es gesetzlich vorgeschrieben wird. Um in Deutschland so ein Gesetz zu bekommen, bräuchte es politischen Lobbyismus. Und den sehe ich bisher nur in den Betroffenenverbänden. Wo seid ihr denn da, liebe Akustiker?

Gegen Ende der Unterhaltung gibt es immerhin einen Hoffnungsschimmer. Es gibt sie doch, die Akustiker, die das Problem verstanden haben und auch aktiv an der Behebung helfen. So zum Beispiel dieser Beitrag:

Jedem Kunden, der nicht ausschließlich die kleinste IO Bauform (Anmerkung d. Redaktion: “IO = Im-Ohr-Hörgeräte”, diese sind meist sehr klein, so dass man nicht so viele Antennen dort einbauen kann, siehe auch Bauformen Bauformen von Hörgeräten) haben wollte, habe ich die T-Spule zumindest angeboten und mit Soundbeispiel von www.hob-ev.de vorgespielt. Außerdem gehe ich mit jedem Kunden am Ende die Bedienungsanleitung durch und individualisiere sie, sodass sie spätestens beim Abschluss davon hören und im Zweifel nochmal nachlesen können. […]
Bei uns ist folgendes Problem grundlegend:
Die Nachfrage nach Induktionsschleifen ist gering. Warum? Weil die Leute überhaupt keine Ahnung haben was das ist. Warum? Weil wir Akustiker unsere Kunden nicht darüber informieren, dass es das gibt! Und wer keine Ahnung hat, kann auch nicht fragen. Also werden weniger Anlagen verbaut oder gewartet. Wir drehen uns also im Kreis.
Bis eine marktreife BT Version raus kommt, die Kunden kompatibele Geräte haben und flächendeckend eine Ausstattung vorhanden ist, werden noch mindestens 10 Jahre vergehen.
Induktionsschleifen hingegen zählen schon jetzt im Rahmen des Behindertengleichstellungsgesetzes zu einer Must-Have Einrichtung zu jedem öffentlichen Gebäude zwecks Barrierefreiheit. Wo keine ist, darf im Zweifel nicht nur Beschwerde eingereicht werden, sondern auch Anklage erhoben werden. Aber wo kein Kläger, da kein Richter. Gerade im mittelgradigen bis an Taubheit grenzenden Bereich ist eine Induktionsschleife ein enormer Gewinn, ja für einige sogar unverzichtbar. Wie gesagt, hör dir gerne auch mal selbst das Soundbeispiel an.
Wäre es also nicht eine geniale Werbemaßnahme nicht einfach mal im Umkreis sich nach Anlagen zu erkündigen, eine Überprüfung anzubieten und am besten gleich auch Visitenkarten da zu lassen?

Screenshot eines Teilnehmers der das Problem auf den Punkt bringt.

Dieser Mensch hat das Problem verstanden und auf den Punkt gebracht. Dazu macht er konkrete Vorschläge, wie man die Situation verbessern könnte. Es geht doch, liebe Akustiker, es geht doch.

10 Gedanken zu „Akustiker und die Ringschleife

  1. Nur mal kurz was zum Argument „veraltete Technologie“:
    Autos sind eigentlich veraltet, seitdem es Flugzeuge, Helikopter, Raketen gibt. Trotzdem fahren noch weitaus mehr Autos rum als es Flugzeuge, Helikopter, Raketen gibt.
    Die Relation T-Spule / Bluetooth dürfte ähnlich sein wie Auto / Flugzeug, und das meiner Einschätzung nach noch recht lange.
    Als vertiefende Lektüre empfehle ich: „Hört auf, T.Spulen schlecht zu reden“ von Gael Hannan, s. https://hearinghealthmatters.org/have-you-heard/2019/telefonspulen-schlecht-zu-reden/; oder „Bluetooth statt Induktion?“ von Rosemarie und Norbert Muth , s. https://hoer.ekbo.de/fileadmin/ekbo/mandant/hoer.ekbo.de/Typo_3_Dateien/Bloothoth_statt_Induktion.pdf

    • Oh, nett dass wir einmal zitiert werden …

      Das mit Autos oder Flugzeugen ist einfacher zu machen:
      1. Hast Du daheim einen Kochlöffel? => Veraltete Technik, elektrischer Zauberstab!
      2. ist dein Hemd zusammengenäht? => Technik von vor der Steinzeit!
      3. Grillst Du Dein Steak am offenen Feuer? => das ist neandertalig aus Zeiten von Fred Feuerstein, Mikrowelle ist angesagt.
      4. hast Du ein gemütliches Kaminfeuer? => so was von veraltet, Zentralheizung ist modern!

      Das Alter einer Technik hat nichts mit deren Funktionalität zu tun.

      Weitere Infos von uns findest Du unter https://t1p.de/Wissen_Hoeranlagen

  2. Ich stehe jetzt vor dem Problem, dass meine Hörgeräte Bluetooth enthalten und mir das im alltäglichen Leben sehr hilfreich ist. Jetzt bin ich aber erstmals auf eine Selbsthilfegruppe gestoßen und hier wird zur besseren Verständigung die T-Spulen-Technik verwendet. Das hilft mir natürlich gar nicht. Es müsste doch eine Möglichkeit geben, mit einem entsprechenden technischen Gerät die Signale von der T-Spule aufzunehmen und für den Bluetooth-Verwendung umzuwandeln. Da bin ich aber leider bisher nicht fündig geworden.
    Bei aller Nörgelei wäre es doch sinnvoll, wenn so eine Technik zur Verfügung stehen würde. Denn Fortschritt läßt sich nun einmal nicht aufhalten.
    Auch die vielen negativen Aussagen zu den Hörgerätetechnikern kann ich nicht nachvollziehen. Ich habe in den letzten Jahren von dort die Hilfestellungen erhalten, die ich benötigt habe.

    • Hallo!

      Erstmal freut es mich, dass du bisher mit deinen Akustikern zufrieden warst. Das deckt sich leider nicht mit meiner Erfahrung und der von vielen anderen Menschen, aber schön, dass es hier auch positive Beispiele gibt.

      Deine Idee mit dem Gerät was vielleicht eine Brücke zwischen T-Spule und Bluetooth sein könnte, ist nicht schlecht, aber so eins ist mir bisher auch nicht unter gekommen.

      Ich vermute dafür zwei Gründe:
      1) Leider ist Bluetooth nicht gleich Bluetooth. Es gibt neben dem klassischen Bluetooth, was nur wenige Hörgeräte unterstützen die Variante ASHA von Google und die Variante „Made for iPhone“ von Apple. Wenn man so einen Umwandler herstellen würde, müsste man entweder drei Geräte bauen oder ein relativ komplexes Gerät was alle Varianten kann.
      2) Da die Induktionsschleife leider sehr vernachlässigt ist und quasi am Sterben, ist es anscheinend auch nicht lukrativ jetzt Adaptergeräte dafür zu entwickeln, wenn der Markt da nicht gross und sowieso leider eher abnehmend ist.

      Ich denke aus beiden Gründen ist es wirtschaftlich nicht attraktiv so ein Gerät zu bauen. Geschweige denn dass man hoffen könnte, das irgendeine Krankenkasse das bezahlen würde.

  3. Bezüglich Aufklärung im Hörakustik-Studio habe ich schon folgendes gehört:

    In einer großen Hörakustik-Kette sei den angestellten Hörakustiker:innen verboten worden, über die T-Spule zu informieren, weil das mindestens 20min Arbeitszeit bedeuten würde.

    Eine Hörakustik-Meisterin hat letztlich in einem Vortrag im Schwerhörigenverein gesagt, jeder, der danach verlangt, bekommt die T-Spule. Auf die Rückfrage: ja woher sollen denn Hörgeräte-Anfänger wissen, dass es die T-Spule gibt, hieß es dann: ja, man kann mich ja fragen!

    Solange der DSB keine Musterklage durchzieht und ein Hörakustik-Studio auf Schadensersatz verklagt wegen Falschberatung und Nicht-Gewährung des bestmöglichen Behinderungsausgleichs, wird sich an der Situation beim Hörakustiker nichts ändern. Und solange Schwerhörige auf den angeblich großen Bringer Auracast hoffen, passiert noch weniger.

    Wieso springen wir im Ozean der Schwerhörigkeit auf jeden neu vorbeischwimmenden Strohhalm, in der Hoffnung, dass er besser trägt als unser Holzbalken Induktion?

    Natürlich hat Bluetooth und Auracast in gewissem Rahmen einen gewissen Nutzen. Aber da gehen die im DSB Organisierten von sich aus. Im DSB sind meist älter gewordene Frühschwerhörige und im aktiven Berufsleben schwerhörig gewordene. Beide sind mit der Technik aufgewachsen.

    Frühschwerhörige erleben sich als „anders“ und pochen auf Inklusion. Die im aktiven Berufsleben haben nach einer Trauerphase immer wieder eine gewisse Hoffnung, dass eine neue Technik das frühere gute Hören zumindest ein stückweit zurückbringt und sind offen für technische Experimente.

    Vergessen werden aber die nicht organisierten altersbegleitenden Schwerhörigen, die im Rentenalter mit vielleicht 70 Jahren ihre ersten (Kassen-)Hörgeräte bekommen. Das ist die weitaus größte Gruppe der Schwerhörigen. Diese sind keine Technik-Freaks. Die erleben Schwerhörigkeit als Anfang vom Ende ihres Lebens, von nun an geht’s nur noch bergab. Wenn sie Glück haben, überleben sie eine jahrelange Trauerphase. Die brauchen einfachste Technik wie die T-Spule: 3x Knöpfchen drücken und das war’s. Auracast mit Smartphone, Bluetooth, Roger usw. interessiert diese altersbegleitende Schwerhörige nicht im Geringsten. Sie können diese Techniken auch nicht bedienen oder nutzen.

    Wenn der DSB mit den 16 Mio Schwerhörigen in Deutschland argumentiert, muss er sich auch für den größten Teil der 16Mio kompetent einsetzen. Und wenn wir selber schon anfangen, die Induktionstechnik tot zu reden, dann tun wir diesen altersbegleitend Schwerhörigen und letztlich auch uns selbst keinen Gefallen.

  4. Genau das, was weiter oben mal angesprochen wurde, ist mir auch passiert. Nämlich dass mein Akkustiker mir vor drei Jahren sehr teure Hörgeräte verkaufte, mich aber nicht auf die Vorzüge einer T-Spule für den Empfang der Ringschleifensignale aufmerksam machte. Erst nachdem ich ein Theaterabo gekauft hatte, stellte ich fest, dass es sehr oft extrem schwierig ist, selbst mit diesen Hörgeräten den Dialogen in vielen Theaterstücken zu folgen. Da die Geräte, wie oben erwähnt, noch nicht älter als 3 Jahre sind, wäre der Kauf neuer Geräte mit T-Spule sehr kostspielig, weil die Krankenkasse da energisch den Kopf schüttelt und natürlich eine vorzeitige neue Bezuschussung ablehnt. Mittlerweile helfe ich mir mit einer Interimslösung der Firma „Humantechnik“. Und zwar handelt es sich dabei um einen Kinnbügel-Köpfhörer, der ausschließlich für den Empfang der induktiven Ringschleifen ausgelegt ist. Diese Lösung funktioniert zwar sehr gut, ist aber etwas umständlich, da man für die Benutzung die Hörgeräte herausnehmen muß. Dabei stellt sich mir zwangsläufig die Frage, warum gibt es eigentlich keine Smartphones mit der T-Spule? Die erforderliche Antenne ist doch so klein, daß man sie sicher locker in irgendeiner Ecke des Handys unterbringen kann. Das Smartphone hat man ja eigentlich immer dabei. Oder mach ich da einen Denkfehler?

    • Lieber Peter,

      bezüglich deiner Frage, ob die Handyhersteller nicht einfach T-Spulen in die Handys einbauen könnten? Ich denke technisch wäre das schon möglich, aber einfach nicht attraktiv für sie. Auch in Handys ist nicht viel Platz und die Hersteller überlegen sich gut, womit sie den füllen. Dann ist eine T-Spule natürlich immer noch ein Nischen-Thema und die Gruppe der schwerhoerigen Kunden vermutlich nicht groß genug, als dass sich das für die Hersteller lohnt (verglichen zur allgemeinen Gruppe der Handykunden). Leider verlieren wir Menschen mit Behinderungen immer dann wenn Firmen den Nutzen nach „Anzahl der Personen die etwas davon haben“ abschätzen. Denn aus purer Menschenfreundlichkeit und für die Inklusion tut kaum eine Firma was von sich aus. Dazu kommt dann auch noch, dass die Technologie an sich halt auch auf dem „absteigenden Ast“ ist und wenn die Hersteller die Wahl haben zwischen chicer neuer Entwicklung wie Auracast und der guten alten Induktionsschleife, dann verliert die T-Spule leider schnell.

      Was ich mir da eher vorstellen kann, ist, dass Hoergeraetehersteller beides in ihre Accessoires einbauen. Also dass es Hoergeraete-Accessoires gibt, die sowohl eine T-spule als auch Auracast haben und je nach dem was in dem Raum angeboten wird, kann man sich das eine oder andere aussuchen.

      So viel zu meiner Einschaetzung.

      Liebe Grueses,
      Helga

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