Wie findet man einen guten Akustiker? Teil 5: Technikkompetenz

Dies ist der vorerst letzte Teil dieser Serie und dazu noch der „optionalste“. Neben all den anderen Kriterien habe ich diesen bewusst ans Ende gestellt. Zum einen ist es nicht das wichtigste Kriterium (aber durchaus ein immer relevanter werdender), aber zum anderen habe ich den noch nie zusammen mit allen anderen Kriterien in einer Person angetroffen. Das hier ist also mehr in der Kategorie „träumen“.

*Ich verwende im folgenden der Einfachheit halber den Begriff Akustiker für Menschen jedweden Geschlechtes die die für diesen Beruf nötige Ausbildung genossen haben.

Die vorhergehenden Teile dieser Reihe findet ihr hier: Erreichbarkeit (Teil 1), Zwischenmenschlichen (Teil 2), Portfolio (Teil 3), und Akustik-Kompetenz (Teil 4).

Mit Technikkompetenz meine ich in diesem Fall nicht die Technik von Hörgeräten, denn das würde mehr unter den vorherigen Teil Akustik-Kompetenz fallen. Ich meine eher generelle Technikkompetenz im Umgang mit Computern, Tablets und Mobiltelefonen, also allen Geräten mit denen man potentiell seine Hörgeräte verbinden könnte.

Seit einigen Jahren hat die Hörgeräte-Industrie verstanden, dass es ein Grundbedürfnis von Menschen heutzutage ist, sich mit dem Internet über Technik zu verbinden. Für Hörende ist das einfach, die kaufen sich ein paar Kopfhörer, Ohrenstöpsel oder Bluetooth-Headsets und verbinden sich mit der Sound-Quelle ihrer Wahl.

Wir Schwerhörige haben es da nicht so leicht, und das nicht nur finanziell. Um mit Hörgeräten Ton aus technischen Geräten konsumieren zu können, können wir kaum Kopfhörer benutzen (siehe Kopfhörer und Hörgeräte), sondern sind auf die Verbindungsmöglichkeiten unserer Hörgeräte angewiesen. Hier haben wir grundsätzlich die Wahl zwischen Kabel und Bluetooth. Manchmal geht das direkt von Hörgerät zu Abspielgerät, z.B. mit Bluetooth. Manchmal geht das aber auch nur über proprietäre Adapter, die du dir um den Hals hängen oder an deiner Kleidung anbringen musst. Dabei erfordert alles was nicht eine Klinkenkabelverbindung ist eine gewisses Wissen darüber wie man sein Abspielgerät und seine Hörgeräte dazu bekommen miteinander zu kommunizieren.

Ja, und an dieser Stelle würde ich mir wünschen, wenn Akustiker einem hier auch behilflich sein können. Ich meine damit nicht, dass sie die Spezifikation des Bluetooth-Protokolls auswendig können müssen oder gleich ein paar Hackerwerkzeuge auspacken wenn die Verbindung mal nicht klappt. Nein, was ich gerne hätte, wäre dass sie zumindest die Grundlagen der Handhabung von den üblichen Abspielgeräte (Laptops, Handys) kennen, damit man nicht so ganz alleine ist, wenn mal wieder was hakt.

Das beinhaltet einfach so praktische Dinge wie diese zu wissen:

  • Wenn man ein Bluetooth-(Hörgerät oder -Adapter) mit einem Gerät (Mobiltelefon) koppeln will, dass es dann am besten nicht gerade mit einem anderen Gerät (Laptop) verbunden sein sollte. Generell hilft es wenn sonst kein anderes Gerät im Zimmer gerade versucht Bluetooth-Verbindungen aufzubauen.
  • Wenn die Geräte einander nicht finden, einfach mal Bluetooth auf dem Abspielgerät aus und wieder an machen. Genauso mit dem Hörgerät. Das ganze so lange wiederholen bis es klappt. Nein, es ist normal wenn das auch mal 3-5 Versuche braucht.
  • Wenn sich ein Bluetooth-Hörgerät welches schonmal mit einem Abspielgerät gekoppelt wurde partout nicht mehr verbinden will, dann hilft es dieses Hörgerät mal komplett aus dem „Gedächtnis“ des Abspielgerätes zu entfernen und als neues Gerät zu paaren.
  • Wenn sich so eine Hörgeräte-App auf einem Mobiltelefon verschluckt, dann kann man die App hart neustarten, den Cache löschen oder sogar deinstallieren und neu installieren.

All diese Dinge erfordern kein Informatikstudium, sondern jeder der sich ein wenig mit seinem Handy oder Laptop beschäftigt, lernt das nach einer Weile. Dennoch hatte ich bei Akustikern oft das Gefühl, dass sie noch nie im Leben irgendein Bluetooth-Gerät mit einem Laptop oder Handy verbunden haben (damit meine ich *kein* Hörgerät, sondern Consumer-Hardware wie Bluetooth Headsets oder Bluetooth Lautsprecher) und auch noch nie eine bockige App auf ihrem Handy hatten. Ich habe mehrfach beim Akustiker gesessen, der für jeden kleinen Bluetooth-Schluckauf den Hersteller-Support angerufen hat nur um von dem zu erfahren, dass man mal Bluetooth aus und wieder anmachen sollte und dann würde es gehen.

Ich als Informatikerin muss mich dann immer sehr beherrschen, denn Dinge aus und wieder anzumachen ist unser erster Reflex. Aber irgendwie hatte ich immer die Hoffnung die kommen jetzt mit einem ganz tollen Akustiker-Trick um die Ecke. Aber nein, dem ist so nicht, die meisten technischen Probleme von Hörgeräte mit Abspielgeräten löst man wie man alle technischen Probleme mit Abspielgeräten: ab- und wieder anschalten, entfernen und wieder hinzufügen. Aber das weiß der nicht ganz so technikaffine Akustiker-Kunde vielleicht nicht. Wenn diese diese Tricks dann nicht vom Akustiker beigebracht kriegen, nutzen sie vermutlich nach dem ersten Bluetooth-Schluckauf oder App-Absturz diese neue Errungenschaft nicht mehr. Und das wäre doch schade drum.

Auch ist mir bewusst, dass das wahrscheinlich nicht Teil der Akustiker-Ausbildung ist und die Krankenkassen diese Extra-Beratung auch nicht bezahlen, denn für Krankenkassen zählt ja nur dass man gerade so wieder Menschen versteht. Die Verbindung zur technischen Welt ist da genauso ein Luxus wie die Möglichkeit Musik zu genießen.

Daher empfinde ich es um so mehr als einen Bonus wenn ein Akustiker nicht nur meine Hörgeräte ordentlich einstellt, sondern auch ein wenig über den Technik-Tellerrand geguckt hat und nicht völlig überfordert mit einem modernen Mobiltelefon- oder Laptop-Betriebssystem ist. Wenn ihr so einen habt, haltet ihn euch warm.

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