Warum eigentlich Hörgeräte?

Vielleicht hast du in letzter Zeit festgestellt, dass du in Gesprächen öfter mal nachfragen musst, weil du etwas nicht verstanden hast. Besonders oft passiert es dir, dass du genau die Pointe eines Witzes nicht verstehst und dann lachen alle – nur du nicht. Telefonieren ist auch irgendwie schwieriger geworden, besonders wenn du draußen unterwegs bist. Du stellst fest, dass du deine Freunde in letzter Zeit lieber in dem Restaurant triffst, wo es weniger laut ist. Vielleicht hast du auch noch nichts davon wahrgenommen, aber es ist schon mehr als einmal passiert, dass dich jemand drauf hingewiesen hat, dass du was nicht mitgekriegt hast.

So langsam beschleicht dich das Gefühl, dass du nicht mehr so gut hören kannst wie früher. Du denkst vermutlich du solltest mal zum Ohrenarzt gehen und das testen lassen. Aber es behagt dir auch nicht, dass dabei rauskommen könnte, dass du Hörgeräte brauchst. Du hast schon nachgelesen, dass die verdammt teuer sind und dass es ein ziemliches Gehampel sein kann bis man welche hat, die wirklich gut eingestellt sind. Und außerdem ist das ja irgendwie ein Zeichen von Alter oder Behinderung und das sind beides Stigma, die du nicht haben willst. Außerdem kommst du ja irgendwie klar, bisher war es einfach noch kein großes Problem, oder?

All das sind ganz übliche und nachvollziehbare Gedanken wenn es um Hörverlust und die Aussicht auf Hörgeräte geht. Warum es dennoch besser ist, sich nicht darum zu drücken, möchte ich hier erklären.

Wir verlernen das Hören

Wenn wir unser Gehör verlieren, vergessen wir nach und nach die Geräusche die wir nicht mehr wahrnehmen können. Was wir nicht mehr hören, verlernt unser Gehör bzw. unser Gehirn. Wenn wir dann ein Hörgerät bekommen, hören wir diese Geräusche auf einmal wieder, aber dann können wir sie nicht interpretieren, weil wir sie vergessen haben. Wir müssen dann wieder neu hören lernen und das ist anstrengend. Es ist um so anstrengender je länger es her ist seit wir sie das letzte mal gehört haben und je älter wir inzwischen geworden sind.

Deshalb ist es leichter, wenn man sich bei einem Hörverlust zeitnah zu Hörgeräten entschließt. Dann hat man noch nichts verlernt und der Einstieg zum ins Leben mit Hörgeräten ist viel leichter. Und machen wir uns nichts vor, die meisten Hörverluste sind nicht heilbar. Daher ist es keine Ausrede darauf zu hoffen „dass sich das von alleine wieder gibt“.

Hören kostet uns Energie

Wenn unser Gehör schlechter wird, merken wir es anfangs oft gar nicht. Der Grund ist, dass unsere Ohren einen Freund haben, der dann aushilft: unser Gehirn. Menschen sind sehr gut darin, Fehler in der Wahrnehmung durch andere Dinge auszugleichen. So ist es beim Gehör so, dass wir mit Hilfe unseres Gehirnes automatisch Lücken zu füllen, wenn wir mal nicht jedes Wort gehört haben.

Das macht das Gehirn mit verschiedenen Mechanismen, z.B. indem es das nächst „ähnliche“ Wort sucht, was zu einer Lautfolge passt, indem es aus dem Zusammenhang rät oder indem es (bewusst oder unbewusst) die Lippenbewegungen des Gesprächspartners interpretiert. An sich ist das also eine super Sache die unser Gehirn so macht. Allerdings hat das ganze einen Preis, nämlich dass es Energie kostet. Je mehr wir unser Gehirn dafür brauchen zu hören, desto weniger können wir es für andere Dinge verwenden.

So können wir vielleicht eine Radiosendung anhören, aber wir müssen uns zu sehr konzentrieren, dass wir dabei nicht mehr das Mittagessen für heute kochen oder andere Dinge nebenbei tun könnten. Wenn wir uns mit Freunden in einem lauten Restaurant unterhalten, dann schaffen wir es dem Gespräch zu folgen, aber am Ende des Abends sind wir erschöpft und haben so ein Ziehen im Nacken, weil wir die ganze Zeit so angespannt waren um alles mitzubekommen.

Weniger hören zu können, bedeutet also weniger Energie zu haben. Energie, die wir für andere schöne Dinge im Leben nutzen könnten.

Hören hat einen Einfluss auf menschliche Beziehungen

Weil Hören auf einmal anstrengend ist, entwickeln wir nach und nach eine Abneigung gegenüber bestimmten Situationen in denen es besonders schwer ist. Das kann z.B. das Telefonieren sein oder das Gespräch in einer geräuschvollen Umgebung wie in einem vollen Cafe.

Das kann dazu führen, dass wir uns nach und nach – bewusst oder unbewusst – in unserem sozialen Leben einschränken. Auf einmal schieben wir das Telefonat mit unserer Oma wochenlang vor uns hin oder wir machen das Treffen mit Freunden davon abhängig für welches Restaurant sie sich entscheiden.

Auf die Dauer führt das dazu, dass wir uns von Menschen, auch denen die uns etwas bedeuten, entfernen. Damit entgehen uns wertvolle Begegnungen, Gespräche und Erlebnisse, also ein grosser Teil der die Dinge die das Leben lebenswert machen.

Die Spirale des Hörverlustes

Auch wenn Hörgeräte selbst keinen Hörverlust heilen, so haben sie einen wichtigen Effekt auf das Fortschreiten (oder eben nicht Fortschreiten) des Hörverlustes in der Zukunft. Hörgeräte verhindern, dass wir es selbst noch schlimmer machen.

Wenn wir nicht gut hören, dann tendieren wir dazu die „Quelle“ dessen was wir hören wollen lauter zu machen. Wir stellen das Fernsehen lauter um den Film zu verstehen oder drehen die Lautstärke unseres Mobiltelefones hoch wenn wir Musik hören. Auch unsere Umgebung reagiert darauf dass wir nicht mehr alles mitkriegen und immer öfter werden wir lauter angesprochen damit uns nichts entgeht.

Damit setzen wir aber eine Spirale in Gang. Wenn wir z.B. zu oft zu laut Musik hören, dann kann es passieren, dass wir unser Gehör weiter schädigen und damit schlechter hören. Weil wir schlechter hören, drehen wir die Musik noch lauter und schädigen es damit immer weiter.

Wenn wir uns für Hörgeräte entscheiden, dann stoppen wir diese Spirale. Gut eingestellte Hörgeräte ermöglichen es uns sowohl Sprache in normaler Lautstärke zu verstehen als auch Musik in normaler Lautstärke genießen zu können. Damit haben wir keinen Bedarf mehr am Lautstärkeregler zu drehen und verhindern so dass wir unserem eigenen Gehör Schaden zu fügen.

Zusammenfassung

Du hast jetzt einige gute Gründe für Hörgeräte gelesen:

  • Zeitnah Hörgeräte zu bekommen verhindert, dass wir wieder neu hören lernen müssen.
  • Hörgeräte ermöglichen uns zu hören mit weniger Anstrengung, so dass wir unsere Energie für andere schöne Dinge verwenden können.
  • Gut hören zu können (dank Hörgeräten) verhindert, dass wir soziale Situationen vermeiden und unsere Beziehungen darunter leiden.
  • Hörgeräte verhindern, dass wir unser Gehör weiter schädigen.

Ich hoffe dass ich dir damit die Entscheidung für Hörgeräte leichter gemacht habe. Aus eigener Erfahrung kann ich nur nochmal sagen, es lohnt sich sich mit Hörgeräten das Leben leichter und schöner zu machen.

5 Gedanken zu „Warum eigentlich Hörgeräte?

      • Was hackbare Hoergeraete angeht: da sieht es schlecht aus, denn da es Medizingeraete sind, gibt es da keine zugaenglichen Schnittstellen etc. Ist auch die Frage ob du dir mit Basteleien dein Gehoer zerschiessen moechtest 😉 Was ich technik-affinen Menschen empfehle, sich einen Hersteller auszusuchen der innovativ ist und viele Accessoires anbietet. Dann hat man zumindest Spass seine Hoegeraete mit Technik zu verbinden. Sollte ich auch mal einen Artikel zu schreiben 🙂

  1. Pingback: Kopfhörer und Hörgeräte | Doofe Ohren

  2. Pingback: EUHA 2022 Teil 1: Neuigkeiten aus der Welt der Hörgeräte | Doofe Ohren

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