Die Auracast-Zukunft schnuppern

Mitte März fand in Köln der erste Tag und die Nacht der Hörgesundheit statt. Organisiert wurde das ganze vom Netzwerk Hörgesundheit, einer Gemeinschaft von Akustikern, die Hörgesundheit ganzheitlicher angehen als nur das Verkaufen von Hörgeräten. Ich hatte die Ehre, als Speakerin eingeladen zu sein, um bei einem Diskussionspanel von Betroffenen eure Stimme zu sein. Die Veranstaltung war sehr interessant und sehr gelungen (wie kann es auch anders sein, wenn ich da eingeladen bin ;)).

Leinwand eines Kinosaals mit einer Folie "Betroffenen-Panel - Nacht der Hörgesundheit" drei Kreise mit Gesichtern von Jana Verheyen, Helga Velroyen (Doofe Ohren) und Reinhold Geiss. Vor der Leinwand Sebastian Garcia Dennemark und ein (noch) leeres grünes Sofa
Kurz bevor ich auf die Bühne durfte 🙂

Eins meiner persönlichen Highlights dieser Veranstaltung war, dass ich hier zum ersten mal in den Genuss von Auracast kam. Schon während den Vorträgen, die zum Teil in einem Kinosaal stattfanden, konnte man sich Auracast-fähige Kopfhörer aufsetzen und dem Audiostream der Veranstaltung in gestochen scharfem Sound folgen.

Ein dunkler Kinosaal mit vielen Menschen. Manche haben blau leuchtende Kopfhörer auf

Das beste kam allerdings am Ende, als die After-Show-Party losging.

Man konnte die Auracast-Kopfhörer mitnehmen und auf der Tanzfläche zwischen drei verschiedenen Musik-Kanälen wählen. Je nachdem, welchen Kanal man wählte, bekam man Techno, Kölner Karnevalsmusik, oder die Hits der 80er/90er/2000er. Das Schöne war: Alle waren zusammen auf der Tanzfläche, obwohl die Musikgeschmäcker sie sonst gespalten hätten. Die Kopfhörer hatten die Eigenschaft, in verschiedenen Farben zu leuchten, so dass man sogar sehen konnte, wer auf der Tanzfläche gerade das gleiche hörte wie man selbst. Das half dann auch dabei, gemeinsam den Takt zu halten.

Die Musik kam also vollständig über die Kopfhörer und dröhnte nicht aus einer Musikanlage in den Raum. Das Konzept heißt “Silent Disco” (auf Deutsch “stille Disko”) und ist an sich nicht neu, aber es ist eine der Anwendungen, für die sich Auracast besonders gut eignet. Und so war es eine Technologie-Demo, die Spass macht.

Viele Kopfhörer auf einem Tisch, die in den Farben Rot, Grün oder Blau leuchten

Ich fand das Konzept genial, aus mehrerlei Gründen. Zum einen war ich nicht gezwungen, Kölner Karnevalsmusik zu hören (tut mir leid, liebes Rheinland, das vermisse ich nämlich so wirklich nicht, seit ich nach Bayern gezogen bin). Zum anderen ist eine Veranstaltung mit Silent Disco für mich als Mensch mit Schwerhörigkeit sehr inklusiv. Wenn auf anderen Partys die Musik laut gedreht wird, habe ich quasi keine Chance, noch ein Gespräch am Rande der Tanzfläche zu führen. Da es aber eben eine stille Disco war, konnte man einfach die Kopfhörer abnehmen und sich unterhalten.

Eine Tanzfläche mit vielen Menschen mit bunten Kopfhörern

Auracast ist eine Technologie, die auf Bluetooth basiert und Broadcast ermöglicht, also das Senden von Audiosignalen an viele Leute gleichzeitig ermöglicht. (Mehr darüber erfahrt ihr hier: Auracast – Wie ist der Stand der Dinge? und hier: Auracast versus Induktion – welchen Zug nimmst du?) Ein Audiosignal von einer Auracastquelle werden in Zukunft sowohl Kopfhörer für hörende Menschen empfangen können, aber auch Hörgeräte mit Auracast-Fähigkeit. Damit ist es eine Broadcast-Technologie, die sich hoffentlich besser verbreitet als z.B. Induktionsschleifen, die nur Menschen mit entsprechenden Hörsystemen nutzen können und die leider viel zu selten bereitgestellt werden.

Helga wie sie blau leuchtende Kopfhörer trägt
Es drückte ein wenig auf die Hörgeräte – trotzdem habe ich mich gefreut, Auracast ausprobieren zu können

Da ich leider noch keine Hörgeräte besitze, die Auracast können, konnte ich es auch nur über die Kopfhörer testen (was so seine Nachteile hat, siehe Kopfhörer und Hörgeräte). Nichtsdestotrotz war es sehr interessant als Demonstration dieser Technologie. Der Sound war richtig gut und flüssig, was man von so manchem bisherigem Bluetooth-Hörgerät nicht behaupten kann. Auch war die Reichweite beeindruckend. Selbst auf den Toiletten, die vielleicht 30 Meter entfernt und um die Ecke lagen, konnte man die Musik ohne Verlust genießen. Die Möglichkeit, mehrere Kanäle mit unterschiedlichem Signal zu senden, ist auch eine der Eigenschaften, die Auracast interessant machen. Wenn man mit Hörgeräten durch die verschiedenen Kanäle schaltet, hat man nur leider nicht so ein Farbsignal wie die Kopfhörer – obwohl ich es ja irgendwie cool finde, wenn man an meinen Hörgeräten dann eine entsprechend farbige LED anginge. Ihr seht, ich bin begeistert und freue mich schon, wenn es Auracast in Hörgeräten gibt und es vor allem sehr viel mehr Orte gibt, wo man diese Technologie nutzen kann.

Einen Nachteil hat “Silent Disco” allerdings: Die Fraktion des kölschen Karnevals ließ es sich nicht nehmen, gelegentlich lauthals mitzusingen. Das war dann nicht mehr so “silent” – aber es freute mich ja, dass sie Spaß hatten. 🙂

2 Gedanken zu „Die Auracast-Zukunft schnuppern

  1. Meine Hörgeräte sollen laut Hersteller Auracastfähig sein, ich hoffe ich habe irgendwann die Gelegenheit das zu testen!
    Das schöne finde ich, auch bei dem Konzept der Silent Disco, das jeder das in seiner eigenen Lautstärke genießen kann, ich finde das hat sooo viel Potenzial auch für Hörende, Für Menschen mit Spectren, usw, usw.
    Ich hoffe das da in Zukunft viel mehr kommt!

  2. Hallo Helga,
    Dein Bericht vom kölschen 24-Stundentag der Hörgesundheit ist echt klasse! Ich hoffe auch sehr auf die neue Technik des Auracasts und dass sich diese mit der Zeit durchsetzt.
    Theresia

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