Wer hat Hörgeräte verdient?

Das Jahr ist noch jung und ich möchte es mit einem nachdenklichen Text beginnen. Ich äußere mich in diesem Blog selten politisch, aber es gibt Momente wo ich denke, dass man etwas sagen muss. Dinge unkommentiert zu lassen, bedeutet, sie zu akzeptieren. Es gibt dieser Tage vieles, was ich nicht akzeptieren möchte.

Letzten Herbst machte Herr Merz Schlagzeilen mit einer Aussage über geflüchtete Menschen in Deutschland. “Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen.” Ich hatte diese Aussage schon längst wieder verdrängt, bis ein Hörgeräteakustiker eine ähnliche Aussage mir gegenüber machte. Sie ging in die Richtung: „Ich muss hier für eine ordentliche Hörgeräte-Versorgung meiner Kunden kämpfen, während Flüchtlinge in Deutschland von unserem Sozialsystem (zu?) gut versorgt werden.” Daraufhin kam noch der Hinweis auf Herrn Merz und seine Zahnbehandlungsthese.

Mich kotzt diese Aussage auf vielen Ebenen an.

Zum einen glaube ich nicht, dass Geflüchtete leichteren Zugang zu Hörsystemen haben, als andere Menschen in Deutschland. Bezogen auf Zahnbehandlungen haben diverse Medien schon Herrn Merz Thesen widerlegt, z. B. dass nur Zahnersatz im Notfall bekommen. Hier zum Beispiel der Faktencheck des WDR. Und sowohl bei Zähnen wie bei Hörsystemen wünsche ich mir, dass auch geflüchtete Menschen versorgt werden. Ich wünsche niemandem, der seine Heimat verlassen musste und einen langen, beschwerlichen Weg in unser Land hatte, dass er oder sie hier noch weiter leiden muss. Diese Menschen haben vieles verdient, aber nicht auch noch Zahnschmerzen.

Bei Hörsystemen könnte man wiederum sagen, dass die Versorgung mit diesen ja nicht so dringend ist. Denn im Gegensatz zu Behandlungen von Zahnschmerzen tut es (zumindest physisch) nicht weh, wenn man keine Hörgeräte hat.

Trotzdem finde ich es umso wichtiger, dass auch Geflüchtete mit Hörsystemen versorgt werden. Wer, wenn nicht sie, die von heute auf morgen eine neue Sprache lernen müssen, sind darauf angewiesen, auch die Feinheiten einer Fremdsprache zu verstehen? Und es ist schon etwas absurd, dass die gleichen Parteien, die Herrn Merz über seine Zahnthesen zustimmen, gleichzeitig schimpfen, dass sich die Ausländer ja nicht ordentlich integrieren wollen. Aber Hörsysteme bekommen, um die Sprache zu lernen, um sich zu integrieren, das ist natürlich zu viel verlangt.

Eine Argumentation, die hier immer mitschwingt, ist irgendwie auch, dass wir Menschen mit einem deutschen Pass irgendwas weniger bekommen, nur weil die Geflüchteten es auch bekommen. Bei der Versorgung von Hörsystemen in Deutschland gibt es viele Lücken und über diese schreibe ich auch regelmäßig in diesem Blog. Aber ich glaube nicht, dass es diese Lücken bei Hörsystemversorgungen oder Zahnbehandlungen gibt, weil die Leistungen stattdessen an Geflüchtete gehen. Die Hörsystembranche ist von ein paar grossen Konzernen dominiert, die wie alle privatwirtschaftlichen Firmen mit einer Gewinnabsicht arbeiten. Und das heißt, dass sie ihre Gewinne maximieren, also wieviel Geld sie von uns Kunden und den Krankenkassen bekommen können. Wir kriegen keine besseren Hörgeräte für weniger Geld, weil die Geflüchteten sie kriegen. Wir kriegen sie nicht, weil die Hörgeräteindustrie möglichst viel Geld aus jedem Kunden herauspressen möchte. Das wäre auch so, wenn es keine Geflüchteten in unserem Land gäbe. Wenn es dich nervt, dass du zu deinen Hörsystemen viel zu zahlen musst, dann solltest du auf den Einfluss des Turbokapitalismus auf unser Gesundheitssystems sauer sein und nicht gegen geflüchtete Menschen wettern.

Worum es hier aber wirklich geht, ist die Frage: Wer hat Wohlstand verdient? Wer hat verdient, keine Schmerzen zu haben? Wer hat verdient, Teil unserer Gesellschaft zu sein? Die Menschen, die zufällig diesseits unserer Grenzen geboren sind? Oder die Menschen, die hinreichend viel in unsere Sozialkassen eingezahlt haben? Letzteres hätten übrigens weder geflüchtete Kinder noch Kinder deutscher Eltern. Gewagte These: Warum haben nicht alle Menschen in unserem Land?

In meinen Augen unterscheiden wir Menschen uns von den Tieren durch eine grausame Eigenschaft. Wir sind die einzige Spezies auf diesem Planeten, die willkürlich Grenzen zieht und ihre eigene Spezies auf der falschen Seite der Grenze verrecken lässt. Wir lassen geflüchtete Menschen an Grenzen verhungern, an Krankheiten und mangelnder medizinischer Versorgung sterben, ertrinken oder sogar erschießen. Wir sollten uns schämen dafür, dass wir keine Tiere sind.

Tiere bauen keine Grenzen oder Mauern. Wenn in der Tierwelt Ressourcen knapp werden, dann machen sich Tiere auf den Weg in Richtung, wo noch Ressourcen sind. Und es kommt erst zum Kampf, wenn das letzte Wasserloch bald leer getrunken ist. Es kommt aber dann direkt am Wasserloch zum Kampf und nicht an künstlichen Grenzen davon entfernt. Und manchmal kommt es gar nicht zum Kampf, sondern alle rücken näher zusammen und teilen das letzte bisschen Wasser, was da ist.

Ein Wasserloch mit Antilopen und einem Tiger
Selbst Fressfeinde rücken näher aneinander, wenn die Ressource Wasser knapp wird. Foto: Shutterstock.

Ich finde, wenn überhaupt, sollten wir uns in diesem Land darüber beschweren, dass Geflüchtete uns etwas wegnehmen, wenn wir wirklich vor dem Wasserloch stehen. Wenn du im Supermarkt stehst und ein geflüchteter Mensch vor dir die letzte Packung Nudeln aus dem Regal nimmt, dann kannst du 5 Minuten darüber sauer sein. Du kannst aber auch zu einem anderen Regal gehen und heute Abend vielleicht doch nur eine Scheibe Brot essen. Oder zu einem anderen Supermarkt gehen, der noch Nudeln hat. 

Übrigens, das letzte Mal, dass jemand von meinen Augen Regale leer gekauft hat, das waren lauter deutsche Mitbürger, die während Corona Mehl gehamstert haben. Mit Geflüchteten ist mir das noch nie passiert. 

Was ich damit sagen will: wir haben so unfassbar viel Wohlstand mit vollen Regalen in jedem Supermarkt, dass wir noch verdammt viele Menschen in unser Land lassen koennen, bis wir wirklich merken, dass für uns ein bisschen weniger da ist. Und selbst dann ist die Frage: wäre es nicht menschlich, wenn wir das wenige, was noch da ist, teilen? So dass jeder ein bisschen was bekommt und nicht ein paar Privilegierte alles, während andere leer ausgehen?

Lasst uns solidarisch sein, mit denen, die in unser Land kommen, denn es sind Menschen. Lasst uns mit ihnen teilen, was wir haben, egal welche Hautfarbe oder welchen Pass sie haben. Lasst uns zusammenrücken, wenn Ressourcen knapp werden. Lasst uns ein bisschen was von unserem Luxus abgeben, damit alle in unserer Gesellschaft ein lebenswertes Leben haben. Lasst jeden in unserem Land seine Würde als Mensch haben. 

In diesem Sinne wünsche ich euch ein gutes neues Jahr 2024.

10 Gedanken zu „Wer hat Hörgeräte verdient?

  1. Hallo und guten Tag, …was Menschen glauben, hängt oft von ihrem eigenen Weltbild ab. Wenn etwas zu meinem Weltbild passt, ist es gut. Passt es nicht ist es nur Mainstream-Gequatsche und oder diktierte Lügen. Ich selbst habe mir angewöhnt, jede Äußerung zu hinterfragen, um klare Positionierung zu erlangen, …oft ist das nicht einfach, aber alles ist eben nicht Fake. Ich selbst saß vor mehreren Wochen beim Hausarzt zum Checkup und wartete wie jeder andere im vollen Warteraum. Ich saß schon eine gefühlte Stunde, da kommen zwei ukrainische Mitmenschen und stürmen direkt ins Arztzimmer, hinein einige wartende sagten man möge doch auch bitte warten wie jeder andere. Die Beiden blafften zurück, sie hätten einen Termin und wollen sofort behandelt werden. Ich sagte dann darauf, naja ich habe auch einen Termin und warte bereits eine ganze Weile. Das Ganze schaukelte sich dann hoch, bis die Schwester herauskam und die Beiden zurechtgewiesen hat. Es kehrte dann ruhe ein und die Zwei zogen ihre Handys heraus und klimperten darauf herum mit grimmiger Miene. Ich habe mir auch meine Gedanken gemacht und denke so für mich, dass das auch am Kulturkreis ihres Landes liegen mag und gewisse Höflichkeitsform nicht beachtet werde. Ich habe eigentlich nur darauf gewartet, das einer sagt ich habe genug Geld dabei. Ich stand am Fenster und hatte zuvor gesehen wie die Zwei aus einem großen goldfarbenen Audi A 8 mit ukrainischem Kennzeichen,
    ausgestiegen sind.
    Dieser Vorfall hatte mich eine ganze weile beschäftigt und die anderen Wartenden waren durch die Bank weg stinksauer. Und dann kamen natürlich diese Gespräche auf was die da alles bekommen und so weiter etc. pp.
    Es wäre vielleicht zu hinterfragen, allein ich habe keine Zeit für solche Debatten, die ich nicht belegen und beweisen kann.
    So und nun sage mir einer woher kommt den das ganze Szenario und diese Denkweise, …ehrlich, keine Ahnung.

    • Hallo,

      ich bin mir nicht sicher, was Sie mit ihrem Kommentar sagen möchten. Ich versuche es mal zu destillieren:

      Dass Ausländer auch Rüpel sein können? Rüpel gibts halt überall. Wenn Höflichkeit allerdings eine Zugangsvoraussetzung zum Gesundheitssystem wäre, wäre es vermutlich weniger überlastet. Oder ist es nur nicht okay, weil es Rüpel und Ausländer waren, aber bei deutschen Rüpeln wären Sie nicht so sauer gewesen? Das ist genau das zweierlei Maß, was ich in meinem Artikel kritisiere.

      Außerdem ist mir nicht klar, was das Auto damit zu tun hat. Dass es ein teures Auto war? Menschen mit Geld dürfen nicht zum Arzt? Und dass Rüpel besonders oft bei Menschen mit Geld zu finden sind, ist auch wieder nicht nur bei Ausländern zu finden, oder?

      Oder wollen Sie anmerken, dass die Ausländer gefälligst nur arm sein sollen? Denken Sie nicht, dass auch wohlhabendere Leute flüchten, wenn Bomben auf ihr Land fallen? Oder sollen die ihr Auto dann kurz hinter der Grenze verkaufen und dann einen demütigen Kleinwagen kaufen (am besten noch von deutschem Fabrikat?).

      Oder möchten Sie uns sagen, dass Menschen, die vom Krieg traumatisiert sind, keine dicken Autos fahren sollen? Also wenn eins bei uns in Deutschland doch üblich ist, dann ist dass so mancher Mann sein Trauma mit einem Auto versucht zu kompensieren. Insofern waren diese beiden Kollegen dann ja sehr gut integriert.

      Und in einem stimme ich Ihnen zu, dass so ein Verhalten einzelner ausländischer Mitbürger leider dazu führt, dass manche Leute daraus schliessen, dass alle so sind, und damit kein Ausländer Zugang zum Sozialstaat verdient hat. Wenn man das aber erkennt, so sollte man meiner Meinung nach dagegen wirken. Wir Menschen haben die schlechte Eigenschaft, dass einem Dinge eher im Gedächtnis bleiben, wenn Sie der eigenen Meinung zuträglich sind. Wären diese Menschen Ihnen genauso einen langen Kommentar wert gewesen, wenn Sie deutsche gewesen wären? Vermutlich gab es solche Fälle auch, aber da macht sich keiner die Mühe das ins Internet zu schreiben.

      Mit freundlichen Grüßen,
      Helga

  2. Entschuldigung, das wurde völlig falsch interpretiert und hat absolut nichts mit dem zu tun, was sie hier geantwortet haben. Ich hatte das Ganze etwas philosophischer angesetzt. Es sind Wanderer zwischen zwei Welten, die versuchen, in verschiedenen Lebenswelten zu Hause zu sein.

    Der Schriftsteller Walter Flex hat das in seiner Novelle wunderbar reflektiert. Ich wünsche einen guten Abend.

  3. Hallo Helga,
    vielen Dank für Deinen Beitrag zum Thema Wohlstand, Flüchtlinge und Verteilung. Ich bin ganz bei Dir, nur bei dem Vergleich mit den Tieren musste ich etwas schmunzeln…
    Es gibt durchaus auch in der Tierwelt scheinbar „unnötige“ Grausamkeiten, z.B. Abgrenzung durch das Markieren des Territoriums und wehe, ein „Fremder“ überschreitet diese Grenze. Und auch das Zusammenrücken kann ggf. in Kannibalismus enden. Und das wiederum zeichnet uns Menschen aus, dass wir nicht nach der darwinistischen Auslese „the fittest survives“ leben, sondern uns mit der Zeit Regeln und Gesetze gegeben haben, damit wir friedlich auch in großer Gemeinschaft zusammenleben können.
    Gruß Johannes

  4. Liebe Helga,

    ich lese regelmäßig deinen Blog und finde die meisten Beiträge interessant, aber bei diesem muss ich leider sagen, dass du ziemlich danebenliegst.

    Du wünschst dir Zahnbehandlungen und Hörgeräteversorgung für Geflüchtete. Das klingt edel, aber Geflüchtete aus der Ukraine und andere mit Aufenthaltstitel haben vollen Zugang zur Gesetzlichen Krankenversicherung. Sie erhalten alle Leistungen wie gesetzlich Versicherte, ohne Einschränkungen. [1](https://www.bundesgesundheitsministerium.de/faq-medizinische-hilfe-ukraine)

    Andere Geflüchtete haben nach 18 Monaten Anspruch auf ähnliche Leistungen. Kein Geflüchteter muss befürchten, unbehandelt zu bleiben, da Deutschland schutzbedürftigen Personen seit Ankunft medizinische Hilfe bieten muss. [2](https://www.baff-zentren.org/faq/welche-rechte-auf-gesundheitsversorgung-haben-gefluechtete/#:~:text=Nach%2018%20Monaten%20haben%20Geflüchtete,auf%20Leistungen%20der%20gesetzlichen%20Krankenkasse)

    Dein Gejammer über vermeintliche Benachteiligungen und die Großzügigkeit Deutschlands wirken völlig fehl am Platz.

    Du beschwerst dich über das Argument, dass Menschen mit einem deutschen Pass irgendwas weniger bekommen, nur weil die Geflüchteten es auch bekommen. Tatsache ist, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann. Liest du nichts über die drohende nächste Welle des Krankenhaussterbens? Die angespannten öffentlichen Haushalte?

    Du schreibst von unserem Luxus, ein sehr relativer Begriff. Natürlich leben wir im Gegensatz zum großen Teil der Weltbevölkerung im Luxus. Aber wir leben auch in einem Land mit großen Unterschieden zwischen Arm und Reich.

    Weißt du, wenn ich aus der norddeutschen Provinz nach München komme, was häufig vorkommt, dann denke ich auch, was für ein Luxus dort herrscht. In der Maxvorstadt sehe ich volle Restaurants und Cafés, viele hübsche junge Leute, die tollsten Autos, gepflegte Häuser und eine geradezu vorbildliche öffentliche Infrastruktur. Bei mir zu Hause sind die Schulen und Straßen in einem teilweise desaströsen Zustand, das Schwimmbad ist mal wieder kaputt, die Turnhalle mit Flüchtlingen belegt, der letzte Bäcker und das Krankenhaus haben schon lange geschlossen und auf der Straße sieht man vor allem alte Menschen mit Rollatoren. Das ist schon ein Unterschied. Und die Kassen sind leer, obwohl wir die zweithöchste Abgabenquote unter den 38 Industrieländern der OECD haben.

    Vielleicht machst du mal ein paar Tage bei der Münchner Tafel mit, das erweitert den Blick und zeigt die andere Seite der Medaille. So hat es mir meine Frau jedenfalls beschrieben. Oder engagiere dich in der Flüchtlingshilfe. Dann kannst du vielleicht auch Langs Erfahrungen etwas besser verstehen. Denn der hat sich nur über die Undankbarkeit mancher Flüchtlinge beklagt. Ich habe während meines Zivildienstes und meines Studiums als Rettungssanitäter in Hamburg gearbeitet und schon in den 90er Jahren viel Armut gesehen, vor allem bei alten Menschen. Alte Menschen, die ihr Leben lang in diesem Land gelebt und gearbeitet haben und die trotz ihrer schmalen Rente oft zu stolz sind, um Hilfe zu bitten. Auch sie haben ein Recht auf ein menschenwürdiges Leben. Und wir immer weniger Geld in den öffentlichen Kassen, um ihnen dieses Leben zu ermöglichen.

    Unser ehemaliger Bundespräsident Gauck hat die Flüchtlingsproblematik aus meiner Sicht einmal auf den Punkt gebracht: „Unser Herz ist weit, doch unsere Möglichkeiten sind endlich.“

    Du kritisierst auch die turbokapitalistische Hörgeräteindustrie, die uns mit überhöhten Preisen ausbeutet. Darüber lässt sich trefflich streiten. Aber ist es nicht so, dass ein relevanter Kostentreiber und Mitverursacher der Hörgerätepreise der vorherrschende Versorgungsweg ist? Der Hörgeräteakustiker muss die Folgekosten der Versorgung für sechs Jahre bereits im einmaligen Hörgerätepreis und in der lächerlich geringen Pauschale der Krankenkasse berücksichtigen. Er muss auch seine Miete, Steuern etc. bezahlen und davon leben können.

    Turbokapitalismus ist in der Tat ein Problem, aber ich sehe die Probleme eher bei den vielen großen multinationalen Unternehmen, die aggressive Steuervermeidungsstrategien verfolgen, um ihre Steuerzahlungen zu minimieren. Gerade der Datensammler Google mit seiner Monopolstellung und seinem immensen Einfluss auf die Meinungsbildung ist für mich Turbokapitalismus in Reinkultur. Ich hätte Skrupel, für ein solches Unternehmen zu arbeiten. Du offensichtlich nicht.

    Und was du da erzählst über Tiere, wer was verdient, über Menschen, die an unseren Grenzen erschossen werden, und und und, das ist, ganz ehrlich und norddeutsch gesagt, dummes Zeug. Der „antifaschistische Schutzwall“ der DDR war die letzte deutsche Grenze, an der Menschen regelmäßig erschossen wurden, die keine Lust mehr auf den real existierenden Sozialismus hatten. Dieses menschenverachtende System ist offensichtlich in einigen Blasen wieder en vogue. Nie wieder!

    Helga, vielen Dank für die interessanten Beiträge und deine Mühe. Aber ich habe wirklich keinen Bock auf **_so_** einen Quatsch.

    Tschüß.

    • Lieber Claus,

      ‚ad hominem‘ Angriffe sind selten ein gutes Mittel um Debatten zu gewinnen.

      Wenn dieser Artikel die Spreu vom Weizen innerhalb meiner Leserschaft trennt, dann soll dem so sein. Ich begrüße an dieser Stelle alle diejenigen, die nach diesem Artikel noch dabei sind. Schön, dass ihr da seid.

      Schöne Grüße,
      Helga

  5. Liebe Helga, lieber Claus,

    ich bin selbst Akustikermeister und lese hier zum erstenmal mit.

    Bei mehr als zweimaligem Durchlesen von Claus‘ Post bereitet es mir doch schon noch Mühe, hier einen „ad hominem“- und damit unsachlich-persönlichen Angriff auf Helgas Person zu erkennen. Von daher stellt sich mir als nächstes die Frage: Was ist in diesem Chat (Zitat Helga) „Spreu“ und was ist „Weizen“?

    O.K., ich muss differenzieren: Claus‘ Diktion war schon etwas scharf, aber Helgas Sicht erscheint mir etwas einseitig, wenn auch begründet. Dazu fehlt in diesem Disput ein wenig Klarheit; inwiefern der Terminus „Hörgeräteindustrie“ denn nun den Hertellerbereich, und inwiefern den Hörakustiker-, also Vertreiber-, Bereich adressieren soll.

    Preise 1. bilden sich auf dem Markt und 2. müssen die Kosten für Herstellung UND Entwicklung zuzüglich „Gewinn und Wagnis“ tragen.

    „Überhöht“ ist ein Preis keinesfalls, bloß weil ein bestimmter Nachfrager (m/w/d) sich diesen gerade nicht leisten kann, sondern wenn der Markt aufzeigt, dass eine identische bzw. äquivalente Leistung zu einem niedrigeren Preis erhältlich ist und sich dieses günstigere Angebot auch wirtschaftlich trägt.

    Gerade letzteres ist ja bei zwei in der Vergangenheit in unserer Branche „prominenten“ Alternativangeboten gründlich schiefgegangen:

    „Medina Hörmittelberatung“ mit Hauptsitz Hamburg war 2 – 3 Jahre nach ihrer Gründung wieder verschwunden; keine 6 Monate nach Eröffnung der letzten Filiale schloss bereits die erste wieder. Und dass, obwohl die GKV für Versicherte, die diesen Anbieter wählten, sogar eine Einmalprämie von 50,– DM ausreichte.

    „Sanomed“ (später durch Sonic Innovations übernommen) war bewusst als Erwerbsmöglichkeit OHNE Einbeziehung des Hörakustikerhandwerks (erklärtermaßen unter bewusster Umgehung desselben !) gegründet worden (Direktvertrieb über die verordnenden HNO-Arztpraxen unter Ausreichung eines „Honorars für Ohrabdrucknahme“ für den ausführenden HNO-Arzt, euphemistisch als „Verkürzter Versorgungsweg“ bemäntelt).

    Das zweite Beispiel war sogar mehrere Jahre recht erfolgreich, bis offenbar die Serviceaufwendungen die bisherige Rentabilität jenes Anbieters aufgezehrt hatten.

    Weitere Beispiele waren „Auric“ und „Focus Hören“. Vor den vorgenannten Beispielen ist meines Wissens lediglich noch die „Auric“ im Markt.

    Letztendlich muss auch das Hörakustiker-Handwerk seine entstehenden Kosten für Einrichtung und Betrieb des Ladengeschäftes, Einkauf der Ware, Arbeitseinsatz für Anpassung, Nachanpassung (ggf. relativ häufig; die wenigsten Hörsystemanpassungen sind mit der ersten Anpasssitzung abgeschlossen), Wartung über 6 Jahre (neuerdings bis zu neun bei den VDEK-Kassen !!) und schlussendlich natürlich Abschreibung von Vorleistungen für (i. d. R. durch den Kunden) abgebrochene Versorgungsversuche im Preis abbilden, von den üppigen Personalkosten für die hochqualifizierten, weil TEUER ausgebildeten Gesellen und Meister mal völlig zu schweigen.

    In unserem durch die Solidargemeinschaft finanzierten Teil des Gesundheitssystems kann die Gesetzliche Krankenversicherung (GKV) selbstverständlich nur den medizinisch und technisch unumgänglichen Teil finanzieren, und diese wird (nach entsprechenden Verhandlungen zwischen den Spitzenverbänden, ggf. Landesverbänden, der GKV und der Bundesinnung der Hörakustiker jedenfalls für den Branchenmittelstand, für die „ganz großen“ Filial-Unternehmen oft in eigenen „Hausverträgen“) in den Versorgungverträgen mit der GKV, nebst diese beinhaltenden Vertrgspreisen abgebildet, welche ihrerseits wiederum durch den in Bundesgesetzblatt niedergelegten, so bezeichneten „Festbetrag“ gedeckelt sind, d.h., keine Gesetztliche Krankenkasse darf einen höheren Vertragspreis abschließen und ausreichen, als wie FÜR DIE BESCHRIEBENE LEISTUNG im Bglb. niedergelegt ist.

    Selbstverständlich steht es jeden Hersteller und jedem Akustiker frei, über den gesetzlich und vertraglich festgesetzten Rahmen auch Zusatzleistungen bezgl. technischer Ausstattung der Hörsysteme und Zusatzgeräte und/oder Serviceleistungen anzubieten, welche außerhalb der entsprechenden Vertragsbestandteile seblstverständlich privat zu begleichen sind.

    Was der Kunde diesbezüglich als Zukauf (rechtlich gesehen) getätigt hat, stellt er oftmals hinterher fälschlich (ebenfalls rechtlich gesehen) als „ich MUSSTE xyz,-€ zubezahlen!“ hin. Er, sie, es musste keinesfalls, sondern hätte sich günstiger entscheiden können, hat es aber z. Z. des Erwerbs nicht getan !

    Was die Finanzierung von Gesundheitsleistungen für nach Deutschland geflüchtete sowie Asyl suchende Menschen angeht: wer, auf welcher Basis auch immer, in unserem Land lebt, ist hinsichtlich grundsätzlicher Gesundheits-versorgung ZWINGEND mit im Boot; da gibt es weder „wenn“ noch „aber“ – wäre ja auch „noch schöner“ !

    Eine völlig andere Fragestellung ist jedoch die wirtschftliche Absicherung unserer gesamten sozialen Sicherungssysteme; da stellt die Gesundheits-versorgung selbst im weistesten Sinne ja lediglich einen Teil dessen dar.
    Ich glaube (und nicht nur ich), dass sich ein ERHEBLICHER Teil (etwa eine „schweigende Mehrheit“ (??) der Steuer- UND Beitragzahler in unserem Lande schlichtweg ausgenutzt fühlt, fraglich lediglich, ob auch zu Recht.

    Und meiner Meinung nach hängt genau hier die Diskussion fest, und dies KEINESFALLS erst seit 2015!

    Sch vor vielen Jahren, ich meine, schon vor der Wiedervereinigung, las ich in einer Kommentarseite einer Zeitung (weiß nicht mehr, welche) den Satz (aus meiner Erinnerung) Problem der wirtschaftlichen Lage unserer Sozialsysteme sei (sinngemäß zitiert !) „… nicht der MISSbrauch, sondern (bereits) der GEbrauch…“ unseres Asylrechts.

    Gemeint war damit, dass – schon damals – auf der Welt eine Zahl von betroffenen Menschen anzunehmen war, die in rechtssicher politisches Asyl in Dtl. begründenden Lebensumständen lebte und lediglich den Zugang zu Ein- bzw. Anreise und Asyslantrag in Dtl. nicht gefunden habe, die sinngemäß ein mehr- bzw. vielfaches der (damaligen) deutschen Gesamtbevölkerung zählen würde.

    Demgegenüber stünde (und steht ja auch heute noch) im Art. 16a GG keinerlei quantivative Obergrenze definiert.

    Da u. a. auch ich davon ausgehe, dass schon rein zahlenmäßig diese Annahme auch heute nach wie vor stimmt, andererseits aber auch im „reichen“ Deutschland die solchermaßen nötigen Mittel nicht unendlich generierbar sind, müssen Lösungen (Plural beabsichtigt !) gefunden werden, die den Erhalt unserer Sozialsysteme sicherstellen.

    Die Ausgestaltung solcher Lösungen ist politisch zu diskutieren und zu entscheiden.

    Nicht zielführend und langfristig vollkommen verantwortungslos ist die gegen-wärtig in einem weiten Teil unserer politischen Entscheidungsträgerschaft verharrende TOTALverweigerung der oben angedachten Diskussion, mit der zu befürchtenden Folge, dass die wirtschaftliche Absicherung unserer Sozial-systeme bereits in heutiger Berechenbarkeit in ihrem zukünftigen Grundbestand gefährdet wäre.

    „Ausländer“ und, treffender beschrieben, Menschen mit nicht westeuropäischer Physiognomie und Hautfarbe sind in keinster Weise mein Problem, im Gegenteil, warum soll ich diese schönen Menschen denn hassen. Sie haben mir doch nichts getan!

    Und wenn mit „Ausländern“ im oben beschriebenen Sinne „etwas schief läuft“, frage ich mich bereits im gleichen Moment; wie das denn herübergekommen wäre, hätte sich ein „so aussehender Deutscher“ solches zu Schulden kommen lassen (Übrigens: auch unter „optischen Deutschen“ gibt es JEDE MENGE Schmarotzer und Taugenichtse !).

    Jeder Einwanderer bzw. Einwanderer-Nachkomme, der in unserem Land friedfertig und anständig lebt (und genauso auch seine Kinder erzieht), seine Steuern und Beiträge abführt und sich ggf. auch in unserem Gemeinwesen engagiert, ist mir auf alle Zeit herzlich willkommen !!!

    Aber wer unser Gemeinwesen bewusst stört bzw. unsere sozialen Leistungs- geber betrügt, unser Zusammenleben gefährdet, unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung zu hintertreiben und auszuhebeln versucht,
    die Gleichbetrchtigung von Mann und Frau vereitelt, anderen Völkern das Existenzrecht abspricht und in unserem Lande andere dafür angreift oder gar zu bestrafen sucht, dass sie unsere Lebensweise annehmen (wollen),

    DER SOLL BITTE GEHEN !

    • Hi,

      in meinem Artikel geht es darum, dass ich es fuer menschlicher halte Wohlstand von den Reichen auf die Armen (jedweder Herkunft) zu verteilen, während manche Kommentare sich so lesen als wolle man den Wohlstand nur auf diejenigen zu verteilen, die die richtige Hautfarbe und Staatsangehörigkeit haben.

      Zu den ad hominem Angriffen:

      Da ist zum einen der Kommentar über meinen Arbeitgeber. Kapitalismus kann man jeder Privatfirma vorwerfen und somit fast jedem Arbeitnehmer bei einer Privatfirma. Wenn man das also benutzt um mich dafür zu kritisieren, welchen Arbeitgeber ich gewählt habe, so sollte man vielleicht nur tun, wenn man selbst bei einer Behörden oder NGO gearbeitet hat – weil alles andere wäre genauso ein Teil des Kapitalismus.

      Dann ist da noch die Kritik an der Stadt München, die ich denke auch mit mir assoziiert werden soll. Ich finde das besonders amuesant, denn München ist nur mein Wohnort. Mir sind die hübschen Fassaden weniger wichtig, als dass alle Bewohner ein gutes Auskommen haben. Claus scheint zu meinen, dass ich mich hier mit der Stadt identifiziere, was aber nicht der Fall ist. Im Herzen bin ich dem Ruhrpott nahe, mir reicht es wenn eine Stadt so „hübsch“ ist wie z. B. Dortmund oder Duisburg.

      Zur Hörgeräteindustrie:

      Ich habe mit „Hörgeräteindustrie“ schon alle gemeint, also inklusive Hersteller und Akustiker. Was mich stoert, ist, dass man durch „es sollten weniger Ausländer hier sein“ oder „die Ausländer bekommen weniger bezahlt“ versucht, einfache Lösungen für ein Problem zu suchen, anstatt etwas mehr Engagement zu zeigen eine gute und menschliche Lösung zu finden. Schwierige Probleme erfordern Aufwand, Engagement, und Kreativität und einfache Lösungen sind deshalb halt populär – besonders bei den rechten Parteien.

      Mir ist schon klar, dass Akustiker kostendeckend arbeiten müssen. Ich erwarte auch nicht, dass ein Akustiker Hörgeräte für umsonst an Migranten abgibt. Aber ich erwarte, dass auch dieser Berufsstand so viel Menschlichkeit hat, dass er nicht einfach sagt „Ausländer sollen nix/weniger bekommen“, sondern sich hinsetzt und mal überlegt, wie man das Problem denn lösen könnte. Hier könnte ich mir zum Beispiel Lobbyarbeit der Akustiker vorstellen, die sich in ihrem Berufsverband zusammen tun um mit Krankenkassen und der Politik zu verhandeln, dass sie auch dafür bezahlt werden, wenn sie Ausländer gut mit Hörgeräten versorgen. Schließlich ist gutes Hören eben Voraussetzung für eine gute Integration und wer gut integriert ist, der zahlt auch in unser Sozialsystem ein. Aber von einer solchen Initiative liest man leider nichts. Viel einfacher ist es da auf die Ausländer zu schimpfen.

      Und was die Spreu vom Weizen trennen angeht:

      Die Fraktion „Ich mag ja Auslaender, ABER …“ gehört definitiv zur Spreu. Wer Integration will, der findet einen weg, wer sie nicht will, der findet Ausreden.

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