Filmvorstellung: CODA

Ein junges, hörendes Mädchen wächst in einer gehörlosen Familie auf

Seit Herbst 2021 schreibe ich als freie Autorin für die Audio Infos. Dieser Artikel ist ursprünglich in der Audio Infos Ausgabe März 2022 unter dem ähnlichem Titel erschienen. Audio Infos ist die Fachzeitschrift für Akustiker*innen, https://www.audio-infos.de/.

Im vergangenen Jahr wurde beim Sundance Film-Festival ein Film veröffentlicht, der einen Einblick in das Leben von CODA-Menschen gibt. CODA steht für “Children of Deaf Adults”, also “Kinder gehörloser Erwachsenen”. Auch die Hauptperson, Ruby, ist so jemand, eine CODA.

Ruby – gespielt von Emilia Jones – ist die Tochter einer Fischerfamilie. Neben ihr gibt es die Eltern und einen grossen Bruder. Alle außer ihr sind gehörlos. So muss sie nicht nur schon vor der Schule beim Fischfang helfen, sondern auch häufig als Gebärdensprachdolmetscherin einspringen. Mal hilft sie dabei, mit dem Fischgroßhändler den Preis ihres Fanges zu verhandeln, mal begleitet sie ihre Eltern zu hochnotpeinlichen Arztterminen.

Dabei ist Ruby neben “hörend” und “fließend in Gebärdensprache” noch so viel mehr. Als Teenager hat sie natürlich die üblichen Teenagerprobleme. Mobbing in der Schule, die erste Liebe, und die grosse Frage was sie aus ihrem Leben machen will.

Letzteres wird Dreh- und Angelpunkt des Filmes, denn Ruby’s grosse Leidenschaft ist die Musik, insbesondere das Singen. Ihre gehörlose Familie kann das natürlich nicht wirklich nachvollziehen, fühlt sich sogar teilweise von Ruby’s Leidenschaft gekränkt. Es ist kein leichter Weg, den Ruby da einschlägt. 

Es ist die bezaubernde Geschichte dieses jungen Mädchens, erzählt mit Humor und viel Empathie für beide Welten: die der Gehörlosen und die der Hörenden. Wir lernen sympathische Charaktere kennen und fiebern mit all ihren Dramen mit. Ein toller Film, der viele Aspekte des Lebens – egal ob mit oder ohne Gehör – unterhaltsam darstellt.

Trotz des Humors und der mitreißenden Geschichte, übt der Film auch Gesellschaftskritik aus. Nicht nur einmal wird dem Zuschauer klar gemacht, dass Inklusion leider nicht fuer jeden eine Selbstverständlichkeit ist. Wir als Gesellschaft sollten uns fragen, ob eine gehörlose Familie wirklich für jede alltägliche Notwendigkeit ihre Tochter bemühen muss, oder ob die Verfügbarkeit von Gebärdensprachendolmetschern und barrierefreien Kommunikationsmöglichkeiten nicht besser sein müsste.

Die Geschichte eines hörenden Mädchens, welches in einer gehörlosen Familie aufwächst und die Liebe zur Musik entdeckt, ist allerdings auch keineswegs ein neues Filmthema. Der ein oder andere von uns mag sich noch an den deutschen Film “Jenseits der Stille” mit der 1990er erinnern. Hier spielte sich Sylvie Testud als hörender Teenager mit musikalischem Talent in unsere Herzen. Wenn auch mit ähnlicher Handlung, sind beide Filme ein Genuss fürs Herz.

Der Film CODA ist momentan über den Streaming-Service Apple+ verfügbar. Er hat bei den Adacemy Awards dieses Jahr drei Oscars gewonnen: Best Picture, Best Supporting Actor für Troy Kotsur, welcher Ruby’s Vater spielt, und Best Adapted Screenplay. Wohlverdient!

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