Was an Untertiteln nervt

Wer wie ich regelmäßig Filme und Videos mit Untertiteln schaut, dem begegnen viele Ärgernisse mit selbigen. Dieser Artikel ist ein kleiner Überblick was an Untertiteln nervt und was es hier und da für Hilfslösungen gibt.

Was nicht nervt: die Untertitel selbst

Bevor ich weiter in das Thema einsteige, möchte ich kurz auf ein Phänomen eingehen was ich oft unter Hörenden erlebe. Gelegentlich äußern sich Hörende negativ über die Existenz von Untertiteln. Sätze fallen wie “Untertitel nerven” und “Untertitel lenken mich ab”.

Das einen Untertitel irritieren, wenn man sie nicht gewohnt ist und sie nicht braucht kann ich in gewisser Weise nachvollziehen. Was mich stört, ist aber wie damit umgegangen wird. Ist deine Bequemlichkeit ab und zu deinen Blick zurück aufs Bild zu lenken Grund genug, sich gegen Untertitel auszusprechen, obwohl Menschen im Raum sind oder sein könnten, die diese benötigen? Oft scheinen besagte Menschen keine Sekunde darüber nachzudenken, ob ihre Präferenz wichtiger ist, als die Teilhabe aller. Es macht mich traurig zu sehen dass Untertitel zum Beispiel bei Veranstaltungen nicht eingeblendet werden damit sie nicht stören, obwohl das gleichzeitig eine ganze Gruppe potenzieller Teilnehmer komplett ausschließt.

Wenn einen Untertitel stören, dann ist das so, weil man sehr privilegiert ist. Zum einen braucht man sie anscheinend nicht und zum anderen ist man vermutlich in einem Land aufgewachsen welches keine Untertitel im Fernsehen zeigt. Fragt man Mitmenschen aus den Niederlanden oder Skandinavien so ist es für sie völlig normal Fernsehen mit Untertiteln zu sehen und keiner kommt auf die Idee sich beim Fernsehsender darüber zu beschweren. Auch nutzen die hörenden in diesen Ländern Untertitel viel selbstverständlicher, zum Beispiel um einen Film zu gucken, während man ein schlafendes Kind auf dem Arm hat.

Ich vermute wer die Abschaltung von Untertiteln fordert, dem ist oft nicht klar, dass er in dieser privilegierten Gruppe ist. Das gleiche Prinzip gilt auch für andere Aspekte der Inklusion. Mobile Menschen müssen auch warten wenn sich Fahrstuhltüren langsam schließen, damit mobilitätseingeschränkte Menschen eintreten können. Ampeln piepsen nervig, damit Blinde nicht überfahren werden. All das ist störend für die, die es nicht brauchen, aber notwendig für die die es brauchen. Was für eine Gruppe eine Bequemlichkeit ist, ist für die andere eine Notwendigkeit um überhaupt teilnehmen zu können. Ich würde mir wünschen wenn mehr Menschen darüber nachdenken bevor sie sich über Untertitel beschweren.

Was an Untertiteln nervt

Sie sind nicht vorhanden

Am offensichtlichsten nervig ist es, wenn man Untertitel braucht und sie nicht da sind. Man ist von den Inhalten ausgeschlossen und muss sich andere Wege suchen diese zu konsumieren. Das ist oft mit zusätzlichem Zeit- oder finanziellem Aufwand verbunden.

Was moderne Streaming-Dienste angeht, so ist Netflix mein Favorit in Sachen Untertitel. Fast alle Inhalte sind mit Untertiteln vorhanden. Bei Amazon hingegen ist es nicht so einfach. Ich habe keine offiziellen Zahlen, aber gefühlt kann ich 50% der Filme nicht schauen weil es keine Untertitel gibt.

Um das Problem zu lösen habe ich zwei Strategien:

  • Wenn es mir wichtig genug ist, so schaue ich ob es den Film auch auf DVD oder Blu-ray mit Untertiteln gibt. Dann versuche ich diesen zu kaufen, wenn möglich gebraucht auf ebay. Da ich aber schon diverse Streaming-Dienste bezahle, mache ich das äußerst ungern, weil es mich natürlich extra kostet.
  • Meine zweite Strategie ist den Inhalt einfach nicht zu gucken. Offensichtlich war es ja nicht wichtig genug die Inhalte barrierefrei zur Verfügung zu stellen. Das gibt mir als Schwerhörige das Gefühl dass ich als Kunde auch nicht wichtig genug bin.

Untertitel sind vielleicht da aber man weiß es nicht

Manchmal gibt es Untertitel zu Medien, aber es steht nirgendwo ob dem so ist. Das ist besonders nervig bei Filmen die man auf DVD oder Blu-ray kaufen will und deren Produktbeschreibung nicht komplett ist. Oft ist auch kein Bild der Rückseite der DVD beigefügt sodass man dort auch nicht nachgucken kann.

Die verschiedenen Verkaufsplattform bieten die Möglichkeit als interessierter Kunde Fragen zum Produkt zu stellen. Auf ebay kann man den Verkäufer kontaktieren und auf Amazon kann man in einem Kommentar zum Produkt andere Kunden fragen. Diese Funktion nutze ich oft um nachzufragen ob es denn Untertitel gibt.

Das ist zwar eine Lösung des Problems, aber meistens muss man hier in Kauf nehmen, dass es ein paar Tage dauert bis jemand antwortet. Manchmal kriegt man auch keine Antwort.

Die Untertitel sind nicht in der Originalsprache vorhanden

Ich persönlich schaue gerne Filme im Originalton wenn ich die Sprache beherrsche. Hierzu bevorzuge ich dann auch die Untertitel in der Originalsprache.

Untertitel in der Originalsprache haben den Vorteil dass man als Schüler:in der Sprache besser ein unbekanntes Wort nachschlagen kann. Somit hat man die Chance es in Zukunft auch zu verstehen wenn man keine Untertitel hat, weil man es so in seinen Sprachschatz aufnehmen kann. Die Schreibweise eines Wortes in einer Fremdsprache zu erraten um es nachzuschlagen, ist hingegen eine Kunst, die ich nicht beherrsche.

Ein Vorteil von Filmen im Originalton ist auch dass der Ton zu den Lippenbewegungen passt. Als Lippen lesender Mensch irritiert es mich oft wenn bei einem nachvertonten Film dies nicht der Fall ist.

Aus technischer Sicht gibt es wenig Gründe weder beim Streaming noch auf einem physischen Medium nicht mehr als eine Untertitelspur beizufügen. Untertitel sind im wesentlichen eine Textdatei und Textdateien nehmen sehr wenig Platz ein im Vergleich zum Film selbst.

Eine Hilfslösung ist hier auch der Kauf eines anderen Mediums, z.B. die DVD wenn der Versuch beim Streaming-Dienst nicht erfolgreich war. Hier schaue ich besonders gerne auf Importware aus UK, weil dort auf jeden Fall die englische Untertitelspur vorhanden ist, oft auch generell mehr Untertitelsprachen.

Die Untertitel passen nicht zu Tonspur

Hiermit meine ich dass die geschriebenen Worte in den Untertiteln nicht die gleichen sind die im Film gesprochen werden. Das passiert besonders oft bei Filmen in einer deutschen Übersetzung mit deutschen Untertiteln, wenn der Film im Original eine andere Sprache hat. Hier bekommt man oft den Eindruck dass die Übersetzung der Audiospur aus dem Original völlig unabhängig von der Übersetzung der Untertitelspur aus dem Original passierte.

Ein klassisches Beispiel ist wenn die Originalsprache keine Unterscheidung zwischen der Anrede “du” und “Sie” macht (z.b. im Englischen) aber die Sprache der Übersetzung schon (z.b. im Deutschen). Hier passiert es häufig, dass das Gesagte mit “du” in der Audiospur übersetzt wird, aber die Untertitel “Sie” verwenden oder umgekehrt. Das ist auf Dauer irritierend, weil du das beim Lesen ständig mental korrigierst. Ich vermute der Grund dafür ist, dass die Übersetzungen der Tonspur und der Untertitel von zwei verschiedenen Firmen oder Teams gemacht wurden die nicht miteinander gesprochen haben. Ein anderer Aspekt ist, dass die Tonspur oft so übersetzt wird, dass sie einigermaßen zu den Lippenbewegungen des Originals passen soll (zumindest genug dass es Hörenden nicht auffällt), während das für die Untertitel egal ist.

Ähnliches passiert allerdings auch wenn beides in der Originalsprache ist. Hier ist es oft so dass die Untertitel kürzer sind als das Gesprochene. Früher war die Kürze von Untertiteln wichtig um sie komplett einblenden zu können. Heute ist es vermutlich weniger wichtig, weil unsere Fernseher größer und höher auflösend geworden sind. Allerdings sieht man immer noch oft, dass die deutsche Vergangenheitsform verkürzt wird. Z.b. wird gesprochen “Ich habe das Auto abgeholt” aber die Untertitel lauten “Ich holte das Auto ab”. Hier ist immer noch nah an der gesprochenen Spur aber es kostet immer noch ein wenig
Gehirnschmalz diese Inkonsistenz im Kopf zu korrigieren.

Die Untertitel sind kaputt

Wie bei allem im Leben, ist es ein Ärgernis wenn etwas kaputt ist. Leider passiert es bei Untertiteln weitaus häufiger als bei der Tonspur dass diese kaputt sind. Ein Grund dafür wird vermutlich sein dass mehr Qualitätssicherung für die Tonspur geschieht als für die Untertitel, weil es ja auch mehr Kunden dafür gibt.

Auch hier schaue ich mal wieder zu Amazon wo es mir schon häufiger passiert ist dass die Untertitel kaputt waren. Entweder waren sie zeitlich bis zur Unbrauchbarkeit versetzt, es fehlten Wörter oder ganze Sätze, Fehler bei den Umlauten (“Schei? Encoding”) und einmal war es die Untertitelspur eines völlig anderen Films.

Das wäre ja alles nicht so schlimm wenn man den Anbieter wenigstens darauf hinweisen kann, damit dieser das korrigieren kann oder man sein Geld zurückverlangen kann. Aber zumindest bei Amazon sind hier die Feedback-Kanäle sehr begrenzt.

Die Untertitel sind qualitativ schlecht

Zu guter Letzt muss man sagen, dass die Qualität von Untertiteln sehr variiert. Grundsätzlich sind die von Menschen gemachten Untertitel besser als die von Computern generierten – auch wenn letztere immer besser werden. Ich glaube aber nicht, dass diese jemals so gut werden wie menschlich gemachte.

Ein Problem an computergenerierten Untertiteln ist vor allem das sie nur so gut sind wie die Trainingsdaten des Systems. Das heißt, sie versagen besonders oft bei ungewöhnlichen Akzenten, Eigennamen, vielen Hintergrundgeräuschen oder generell schlechter Audioqualität. Das sind leider oft genau die Wörter die ich als Schwerhörige selber nicht verstehe – aus den gleichen Gründen. Computergenerierte Untertitel werden oft gelobt auch wenn sie nur eine Trefferquote von 80% bis 90% haben. Das klingt erstmal gut, aber wenn man drüber nachdenkt, ist das ungefähr ein Wort pro Satz. Und wenn das genau das Wort ist was ich auch nicht verstehe, dann muss ich erst wieder Gehirnschmalz investieren um zu erraten was denn hier gemeint sein könnte. Menschen, die Untertitel schreiben, machen das automatisch und so erspart mir Ihr Gehirnschmalz, dass ich meine Energie hier spendieren muss.

Viel schöner als ich das hier erkläre, hat es jedoch schon eine Schrift-Dolmetscherin in dem hier eingeblendeten Tech-Talk getan. (Leider nur auf Englisch verfügbar).

Was können wir besser machen?

Die hier aufgelisteten Punkte sind ärgerlich. Wie können wir helfen, hier Verbesserungen zu erwirken?

Die wenigsten von uns haben vermutlich direkten Einfluss auf Streaming-Dienste und DVD/Blueray-Produzenten. Und wenn doch, dann wisst ihr jetzt Bescheid, oder? 🙂 Für uns sterbliche Kunden, gibt es dennoch das ein oder andere, was man machen kann um die Situation für alle Nutzer von Untertiteln zu verbessern:

  • Feedback: Nutzt die Feedback-Kanäle, die die Anbieter anbieten. Kontaktiert Ebay-Verkäufer, hinterlasst Kommentare in Online-Shops, schreibt Emails und Briefe an die Firma die dahintersteckt. Oft ist es Menschen die keine Untertitel nutzen nicht bewusst was dabei alles schief gehen kann. Wenn keiner drauf hinweist, wird es sich auch nicht ändern. Bleibt freundlich und konstruktiv.
  • Besorgt Untertitel für andere: Solltet ihr selbst keine Untertitel nutzen, so könnt ihr euch trotzdem dafür einsetzen, dass sie in eurem Einflussbereich vorhanden sind. Wenn ihr zum Beispiel einen Videoabend in eurem Kaninchenzüchter-Verein organisiert, dann ist euch bestimmt auch jemand aus dem Publikum dankbar dass er oder sie nicht darum bitten muss.
  • Gutes Beispiel: solltet ihr selbst Video-Inhalte veröffentlichen, dann geht mit gutem Beispiel voran und bindet Untertitel ein. Bei Youtube zum Beispiel kann man kostenlos welche von Maschinen generieren lassen. Wenn ihr richtig gut sein wollt, dann könnt ihr aber eine von Menschen gemachte Untertitelspur hochladen. Diese könnt ihr selber schreiben oder (mit etwas Budget) auch einen Profi machen lassen. Ich empfehle hier an dieser Stelle die Services von Stenobar.

Zusammenfassung

Ich hoffe ich habe in diesem Artikel erläutern können, warum ist viele Hürden gibt wenn man Untertitel nutzen möchte.

  • Sie sind nicht da
  • Es gibt keine Informationen ob sie da sind bevor man das Medium kauft.
  • Die Untertitel sind nicht in der Originalsprache vorhanden.
  • Die Untertitel passen nicht zur Tonspur.
  • Die Untertitel sind kaputt.
  • Die Untertitel sind qualitativ schlecht.

Nutzt eure Einflussmöglichkeiten, um Untertitel besser für alle zu machen.

4 Gedanken zu „Was an Untertiteln nervt

  1. Hallo Helga, wie immer ein toller Artikel, der auch Hörenden einen Einblick in die Welt mit ‚doofen Ohren‘ gibt.
    Ich bin kein Freund von Streaming (auch wenn ich zuhause Zugriff auf Prime, Netflix und Disney+ habe), ich nutze lieber meine digitalisieren DVDs auf dem NAS im ganzen Haus. Und hier bietet Kodi als Mediencenter an Untertitel einzublenden. Es gibt sogar Scrapper, die Untertitel herunterladen, sollten die nicht vorhanden sein. Bei Dr. Who (en) funktionierte das ganz passabel, wobei ich damit nur gespielt habe, es war nicht im ‚echten‘ Einsatz.

  2. Ja – wie oben geschrieben – gibt es einiges, was bei der Untertitelung nervt. Eines aber wurde meiner Meinung nach vergessen, zumindest mich nervt es.
    Es sind die ständigen „Musikhinweise“: dramatische Musik, geheimnisvolle Musik, gefühlvolle Musik, unheilvolle Musik, beruhigende Musik, aufpeitschende Musik, usw., usw., usw., um nur einige wenige zu nennen. Was soll das? Entweder ich höre die Musikuntermalung sowieso, ob mt oder ohne Hörgerät, dann sind diese Hinweise unnötig. Oder ich höre sie nicht, dann bringen mir die Hinweise auch nichts. Denn die Dramatik von Musik entfaltet sich NUR IM HÖREN und nicht dadurch, dass ich Ihre Beschreibung lese. Also auch in diesem Fall sind sie unnötig.

  3. Hallo Jürgen,

    danke für deinen Kommentar.

    Ich finde es interessant, was du schreibst, denn ich nehme es anders wahr. Ich benötige die musikalischen Hinweise zwar auch nicht, da ich noch genug Resthören habe um die Musik zumindest fuer die Stimmung wahrzunehmen.

    Ich habe allerdings mal einen Vortrag eines Gehörlosen gesehen und für den war es durchaus wichtig, dass diese Angaben da waren. Insbesondere ärgert es ihn, wenn da nur „Musik“ steht. Denn die wichtige Information ist in der Tat, wie die Musik ist, also z.B. „bedrohlich“ oder „heiter“. Und in einem stimme ich ihm zu, es gibt durchaus Filme, wo die wichtige Information *nur* in der Musik enthalten ist. Gerade bei Krimis/Thrillern/Horrorfilmen gibt es so Szenen die ohne Musik total heiter ausschauen, z.B. ein Kind welches auf einem Fahrrad im Sommer eine sonnige Straße zwischen Feldern entlang fährt. Bei der Szene macht es schon einen Unterschied ob die Musik dazu heiter ist, oder ob es ein dumpfes „Badumm“ ist, welches eine Bedrohung anzeigt.

    So generell habe ich auch nichts dagegen mehr Informationen zu bekommen als ich brauche, denn wir Schwerhörigen wissen ja nie, ob wir nicht doch eines Tages auch zu den Gehörlosen gehören. Und als Randgruppe müssen wir oft genug fuer Barrierefreiheit kämpfen, sollten wir da nicht auch für die Barrierefreiheit anderer offen sein?

    Besonders gut finde ich es übrigens, wenn bei Musik nicht nur die Art der Musik steht, sondern sogar der exakte Song mit Titel und Interpret. Wenn einem die Musik gefällt, kann man den Soundtrack danach leichter googlen.

    Schoene Gruesse,
    Helga

  4. Pingback: Über die Notwendigkeit, immer besser organisiert zu sein | Doofe Ohren

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